Berliner Prozess zu Russland-Spionage: Früherer BND-Mitarbeiter bestreitet Vorwürfe

Im Prozess wegen mutmaßlich von Russland bezahlter Spionage beim BND hat der Angeklagte Carsten L. die Vorwürfe bestritten.

Im Prozess wegen mutmaßlich von Russland bezahlter Spionage beim Bundesnachrichtendienst (BND) hat der Angeklagte Carsten L. die Vorwürfe bestritten. Er habe sich keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht, hieß es in einer von seinem Anwalt Johannes Eisenberg verlesenen Erklärung am Mittwoch vor dem Berliner Kammergericht. Sein Mandant habe den BND nicht verraten wollen und dies auch nicht getan, sagte Eisenberg.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem ehemaligen BND-Mitarbeiter L. und dem Geschäftsmann Arthur E. schweren Landesverrat in zwei Fällen vor. Sie sollen deutsche Staatsgeheimnisse an Russland verraten und dafür Geld genommen haben.

L. soll Informationen, die ihm als BND-Mitarbeiter zur Verfügung standen, an E. weitergegeben haben. Dieser soll den Kontakt zum russischen Inlandsgeheimdienst FSB hergestellt haben. L. soll unter anderem Informationen zum Ukraine-Krieg weitergegeben haben.

L. selbst sagte am Mittwoch bei der Befragung durch Richter Detlev Schmidt aus, er habe E. über einen Freund kennengelernt. E.s rege Reisetätigkeit und seine Kontakte zu ranghohen Persönlichkeiten in afrikanischen Ländern habe er interessant gefunden. Deshalb habe er ihm direkt beim ersten Kennenlernen in Aussicht gestellt, als Quelle für den Bundesnachrichtendienst tätig zu werden.

„Das ist genau die Klientel, nach der sie Ausschau halten“, erklärte er. Menschen, die sich so frei in bestimmten Ländern bewegen könnten, seien nicht leicht zu finden. L. habe daraufhin dem zuständigen „Anbahner“ im BND von E. berichtet. Dieser sei interessiert gewesen.

Erst später habe L. auch von den Kontakten und Reisemöglichkeiten erfahren, die E. nach Russland und in die Ukraine hatte, sagte er am Mittwoch. Bei einem gemeinsamen Besuch in einem Berliner Bordell habe er mit E. über dessen Kontakte „in den russischen Sicherheitsbereich“ gesprochen. Dieser Kontakt solle laut E. über eine Liste von Angehörigen westlicher Botschaften in Russland verfügen, die „im Dienst der russischen Sicherheitsdienste stehen.“

L. sagte vor Gericht, dies sei für ihn damals relevant gewesen, weil er den Auftrag gehabt habe, Unregelmäßigkeiten in der deutschen Botschaft zu überprüfen. Es habe den Verdacht gegeben, dass ein Mitarbeiter ausgespäht werde.

Auch über die Herkunft der Geldsumme, die L. aus Sicht der Anklage für seine Spionagetätigkeit bekommen und in einem Schließfach deponiert haben soll, sprach der BND-Mitarbeiter. Dabei habe es sich zum einen um eine Summe von 210.000 Euro gehandelt, die seiner Frau gehört habe. Diese habe das Geld bis dahin im Wohnhaus des Ehepaars aufbewahrt. „Jede Frau hat ja ihr Schmuckgeld“, gab L. auf die Frage des Richters, warum er davon nichts gewusst habe, an.

Die restlichen 230.000 Euro, die sich im Schließfach befanden, hätten ihm selbst gehört, sagte L. und fügte hinzu, er habe die Summe bis zur Anmietung des Schließfachs in einem Panzerschrank in seinem Pullacher BND-Büro verwahrt. Als er nach Berlin versetzt wurde, habe er das Geld anderweitig einlagern müssen, weil es in den dortigen BND-Büros „nur Blechschränke“ gebe.

L. wurde im Dezember 2022 festgenommen, E. im Januar 2023. Beide Angeklagte sitzen in Untersuchungshaft. Bei Verurteilung wegen Landesverrats in besonders schwerem Fall drohen den Angeklagten lebenslange Haftstrafen.
© AFP

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