Wachstumschancengesetz: Kritik an Union nach Blockade im Vermittlungsausschuss

Die Zukunft des Wachstumschancengesetzes bleibt in der Schwebe.

Nach ihrem Nein im Vermittlungsausschuss zum Wachstumschancengesetzes erntet die Union scharfe Kritik von Koalitionspolitikern und Wirtschaftsverbänden. Die derzeitige Vorsitzende des Ausschusses, Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD), sprach am Donnerstag von „taktischen Spielchen“ der Union. FDP-Bundestagsfraktionsvize Christoph Meyer nannte das Verhalten der Union eine „selbstherrliche Blockadehaltung“. Der Bundesverband der Deutschen Industrie sprach von einem „katastrophalen Zeichen“.

Am Vorabend war im Vermittlungsausschuss keine Einigung zwischen den Ampel-Parteien und der Union über das Gesetz zustande gekommen. Die Union will der Vorlage nur zustimmen, wenn die Bundesregierung die schrittweise Streichung der Subventionen bei Agrar-Diesel zurücknimmt. Das Gesetz hatte bereits den Bundestag passiert. Am 22. März soll der Bundesrat abstimmen. Ohne die Unions-Stimmen kann das Gesetz dort aber nicht verabschiedet werden.

Der Agrardiesel habe mit dem Wachstumschancengesetz aber „gar nichts zu tun“, sagte Schwesig am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Die Union weiß das – und mich wundert das sehr.“ Die Union selbst habe bislang verhindert, dass das Gesetz zum Agrardiesel überhaupt im Bundesrat angekommen sei. Deshalb könne sich auch der Vermittlungsausschuss gar nicht damit befassen. Außerdem gebe es zum Wachstumschancengesetz eigentlich „eine Einigung“. Es sei ein „gutes Gesetz“.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bedauerte am Mittwochabend, dass sich CDU und CSU „dem Ruf der deutschen Wirtschaft nach Klarheit zu weiteren Entlastungen heute leider verweigert“ hätten. Er hoffe nun „auf ein Umdenken in den nächsten Wochen“, schrieb er nach den Beratungen bei X, vormals Twitter.

Lindners Parteikollege Meyer sagte der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag, die Union befördere „den Verlust von Wohlstand in ganz Deutschland“. „Wir appellieren an die Union, umzudenken und dem Gesetz zum Wohle des Landes zuzustimmen.“ Die Union stelle die Dieselsubventionen für Bauern „über die Nöte der gesamten Wirtschaft“, kritisierte Meyer. CDU und CSU instrumentalisierten die Bauern für ihre eigenen Zwecke, kritisierte der Abgeordnete.

Neben Schwesig kritisierte eine weitere SPD-Ministerpräsidentin die Union. Die rheinland-pfälzische Landeschefin Malu Dreyer nannte die Verknüpfung des Gesetzes mit den Agrar-Subventionen „sachfremd“. Wenn die Union bei ihrem Votum bleibe, verhindere sie „notwendige Entlastungen für Investitionen, Forschung und Wohnungsbau“ und schade damit der deutschen Wirtschaft, erklärte Dreyer am Mittwochabend.

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hält die Verknüpfung des Gesetzes mit Agrarsubventionen „wirklich für schwierig“. Das Vorgehen der Union bewirke, dass das von der Wirtschaft gewünschte und benötigte Gesetz nun „bis Ende März wieder im Ungewissen steht“, kritisierte Russwurm am Donnerstag im Deutschlandfunk. Dass es bisher zu keiner Einigung gekommen sei, sei „für Investitionen von Unternehmen ein katastrophales Zeichen“.

Auch vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) kam scharfe Kritik an CDU und CSU. „Die Union nimmt für die Entlastung der Landwirtschaft die Gesamtwirtschaft in Geiselhaft“, erklärte Verbandspräsident Dirk Jandura am Donnerstag.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer kritisierte die „Wackelpartie“ um das Gesetz. „Das schürt den Frust in vielen Unternehmen, die zu Recht daran zweifeln, ob die Politik den Ernst der Lage erkannt hat“, erklärte DIHK-Präsident Peter Adrian. Die negative psychologische Wirkung auf die gesamte Wirtschaft sei „zunehmend verheerend.“

Die Union verteidigte ihr Vorgehen im Vermittlungsausschuss. „Wirtschaft ist Wirtschaft. Das müssen wir endlich mal in Deutschland begreifen, dass die Landwirtschaft auch Wirtschaft ist“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Donnerstag den Sendern RTL und ntv. Mit einseitigen Belastungen der Landwirte müsse „Schluss sein“.

Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte, der „Weg der Ampelregierung, einen Teil der Wirtschaft zu entlasten, indem ein anderer Teil – die Landwirtschaft – belastet wird“, sei „falsch“. Das Wachstumschancengesetz müsse daher „erweitert werden um ein Entlastungspaket für unsere Bauern“, sagte Rhein den Funke-Zeitungen nach Mitteilung vom Donnerstag.
© AFP

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