Neue Datenschutzbeauftragte fordert anderen Umgang mit Einwilligungen im Netz

Die neue Bundesdatenschutzbeauftragte Louisa Specht-Riemenschneider sieht große Herausforderungen für die Sicherheit von personenbezogenen Daten bei der Digitalisierung.

Diese würden damit „zahlreicher, als sie ohnehin schon sind“, sagte Specht-Riemenschneider nach ihrer Ernennung am Dienstag in Berlin. Sie wünsche sich etwa einen anderen gesetzlichen Umgang mit Datenschutzerklärungen im Netz. Handlungsbedarf sieht sie auch bei der Künstlichen Intelligenz (KI), der Datennutzung durch Sicherheitsbehörden und im Gesundheitsbereich.

Am Dienstag war die parteilose 39-Jährige von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernannt worden. Als Datenschutzbeauftragte sind sie und ihre Behörde zuständig für die Einhaltung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung bei öffentlichen Stellen und Unternehmen. Der Bundestag hatte die Bonner Zivilrechtsprofessorin bereits Mitte Mai gewählt. Ihre Amtszeit beträgt fünf Jahre, eine Verlängerung ist möglich. Specht-Riemenschneider ist die bisher jüngste Amtsinhaberin und die zweite Frau auf dem 1978 geschaffenen Posten.

Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt als Datenschutzbeauftragte mahnte Specht-Riemenschneider bei einer Pressekonferenz einen verbrauchernahen Umgang mit Datenschutzerklärungen im Netz an. Diese seien oft zu lang, unübersichtlich und unverständlich. Sie wünsche sich, dass der Gesetzgeber hier Verantwortung übernehme und „mehr rote Linien“ ziehe. Möglich seien etwa abgestufte Informationen und Piktogramme in den Erklärungen, die Grundlage für die Erhebung der meisten Daten auf Internetseiten sind.

Insgesamt stehe sie für „einen Datenschutz, der rote Linien klar aufzeigt, aber unterhalb dieser roten Linien konstruktive Lösungen“ anbiete, sagte Specht-Riemenschneider. „Ich will noch früher und intensiver in den Dialog mit Gesellschaft, Gesetzgeber, Forschung und Wirtschaft kommen, um eine grundrechtssensible Digitalisierung zu ermöglichen.“ Sie wolle ein „‚So geht’s‘ zum Leitgedanken machen“, sagte Specht-Riemenschneider. „Ich möchte dafür zuhören, möchte erklären, mitnehmen und Prozesse mitgestalten, statt auf die Rolle der Neinsagerin beschränkt zu werden.“

Die Expertin für Urheber- und Datenrecht sowie informationelle Selbstbestimmung löst den SPD-Politiker Ulrich Kelber ab. Dessen fünfjährige Amtszeit war zum Jahreswechsel ausgelaufen. Die Ampel-Regierung schlug den SPD-Politiker nicht erneut vor und einigte sich erst nach monatelanger Unklarheit auf die parteilose Juristin Specht-Riemenschneider. FDP und Grüne hatten das Vorschlagsrecht für die Personalie.

Für ihr Amt sieht sie mit der Gesundheit, der KI und der Sicherheit drei große Themenfelder. Bei der Gesundheit würden „Datenschutz und Digitalisierung oft gegeneinander gedacht“, monierte Specht-Riemenschneider. Gerade hier sei es „extrem wichtig, Datenschutz von vornherein mitzudenken“, da „besonders sensible, personenbezogene Daten von uns allen verarbeitet werden, die auch ein besonderes Angriffspotenzial bieten“.

In der Künstlichen Intelligenz sieht sie große Anwendungsmöglichkeiten, auch etwa in der Gesundheit. Die KI berge aber ebenso „erhebliche Datenschutzrisiken“. ,Bei der Sicherheit mahnte Specht-Riemenschneider die Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden zur Einhaltung des Datenschutzes. Das „Risikopotenzial eines falschen Verdachts“ steige, je mehr Daten erhoben würden, sagte sie. „Der Preis unserer Sicherheit darf niemals unsere Freiheit sein“. Gleichzeitig müsse aber die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet werden.

Der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Ralf Wintergerst, begrüßt, „dass mit Louisa Specht-Riemenschneider eine ausgewiesene Datenschutzexpertin an die Spitze rückt“. Die Datenschutzbeauftragte habe „große Ermessensspielräume und sie ist eine gewichtige Stimme in der öffentlichen Diskussion um den Datenschutz“. Es müsse nun „weiterhin darum gehen, die Risiken der Datennutzung zu minimieren und gleichzeitig ihren Nutzen zu maximieren“.
© AFP

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