Berlin – Der Straßen- und Schienenbau soll so beschleunigt und die Möglichkeit für mehr Busspuren und Tempo-30-Zonen in Städten geschaffen werden. Von einem CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut versprechen sich die Abgeordneten der Ampelparteien Anreize für klimafreundlichere Antriebe.
Eine Novelle des Straßenverkehrgesetzes räumt den Ländern und Kommunen mehr Flexibilität bei der Verkehrsgestaltung ein. Sie können künftig etwa dem öffentlichen Nahverkehr oder Fahrzeugen mit alternativen Antrieben durch Sonderspuren Vorrecht einräumen, Radwege ausbauen, Spielstraßen einrichten oder Tempo 30 im Umfeld von Schulen und Kitas anordnen.
Das so genannte Planungsbeschleunigungsgesetz zielt auf Schienenprojekte und die Erneuerung besonders stark befahrener Autobahnabschnitte ab. Auch soll die Sanierung von Brücken vorangetrieben werden, unter bestimmten Voraussetzungen entfallen hier die Umweltverträglichkeitsprüfungen. Vereinfachungen soll es auch für den Bau von Wind- und Solaranlagen an Autobahnen und Bundesstraßen geben.
Die neue CO2-Abgabe für Lkw wird ab dem 1. Dezember fällig – für Fahrzeuge mit einem höheren CO2-Ausstoß ist dann mehr zu zahlen. Die Mautpflicht gilt außerdem ab dem 1. Juli 2024 auch für kleinere Fahrzeuge mit zulässiger Gesamtmasse von 3,5 bis 7,5 Tonnen. Ausgenommen sind hier Handwerkerfahrzeuge.
Die Regierung rechnet dadurch mit zusätzlichen Einnahmen in Höhe von über 30 Milliarden Euro in den Jahren bis 2027. Die Mauteinnahmen sollen künftig zur Hälfte in die Schiene investiert werden. Der andere Teil des Geldes fließt wie bisher in den Ausbau und die Sanierung von Bundesfernstraßen.
Die Organisation Allianz pro Schiene sprach von einem „Meilenstein“ für die Verkehrswende. Es sei „klar erkennbar, dass die Bundesregierung den Schalter zugunsten der Schiene umgelegt hat“, erklärte der Vorsitzende Dirk Flege.
Ähnlich positiv äußerte sich der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Die Einnahmen aus der Lkw-Maut für den Schienenausbau zu nutzen sei der „Pfad der klimaschutz- und verkehrspolitischen Vernunft“, erklärte VDV-Präsident Ingo Wortmann. Vom Gesetz zur Planungsbeschleunigung erhoffe er sich unter anderem eine vereinfachte Reaktivierung stillgelegter Eisenbahnstrecken.
Lob kam auch von der Baubranche. „Vor dem Hintergrund bröckelnder Brücken, einer in die Jahre gekommenen Straßeninfrastruktur und riesiger Aufgaben bei der Bahn begrüßen wir das heute verabschiedete Gesetz“, erklärte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbe.
„Wir beschleunigen die Modernisierung von 4500 Kilometern Schiene und digitalisieren den Bahnbetrieb endlich umfassend“, erklärte die Grünen-Chefin Ricarda Lang. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte insbesondere die Feststellung des „überragenden öffentlichen Interesses“ für 138 Autobahnprojekte. „Das sind wichtige Grundlagen, um die dringend erforderliche Modernisierung unserer Infrastruktur vorantreiben zu können.“
Der CSU-Abgeordnete Ulrich Lange bezweifelte hingegen die Wirkung des Planungsbeschleunigungsgesetzes. „Der unbestimmte Rechtsbegriff des überragenden öffentlichen Interesses wird jedenfalls nicht dazu führen, dass sich Gerichte bei Klagen im Zweifel gegen die Eidechse und für die Straße entscheiden“, erklärte er.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) äußerte Kritik an der Erhöhung der Lkw-Maut. Der Zeitpunkt sei falsch gewählt, weil alternative Antriebe für den Schwertransport noch nicht ausreichend zur Verfügung stünden. Es sei mit höheren Verbraucherpreisen zu rechnen, da die Logistikbranche die Kosten weiterreichen werde. „Die Erhöhung der Lkw-Maut trifft die deutsche Wirtschaft hart“, erklärte der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club begrüßte das veränderte Straßenverkehrsgesetz als „großen Schritt nach vorne“. „Jetzt haben die Kommunen neue Gestaltungsspielräume, um vor Ort nachhaltige Mobilitätskonzepte umsetzen zu können“, erklärte die Vorsitzende Rebecca Peters. Es müsse sich aber zeigen, ob die Straßenverkehrsbehörden dieser Verantwortung gewachsen seien – oder ob das Gesetz „in wenigen Jahren noch nachgebessert werden muss“.
Der FDP-Abgeordnete Jürgen Lenders betonte, dass es um die „Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer“ gehe. Dem „Kulturkampf gegen das Auto“ sei eine Absage erteilt worden, „die Regelgeschwindigkeit bleibt bei Tempo 50“.
pe,pw