Düsseldorf kritisiert Zuständigkeitswechsel für jugendliche Arbeitslose

OB Dr. Stephan Keller kritisiert die Pläne der Bundesregierung, die Zuständigkeit für arbeitslose junge Menschen unter 25 Jahren ab 1. Januar 2025 von den Jobcentern in die Bundesagentur für Arbeit zu verlagern.

Düsseldorf – In der Landeshauptstadt Düsseldorf wurde seit 2005 eine Beratung aufgebaut, die auf die spezifischen lokalen Unterstützungsnetzwerke zurückgreift. Neben OB Dr. Keller äußerten sich auch Stadtdirektor und Sozialdezernent Burkhard Hintzsche, Sigrid Wolf, Regionsgeschäftsführerin DGB-Region Düsseldorf Bergisch Land, und Michael Grütering, Hauptgeschäftsführer Unternehmerschaft Düsseldorf und Umgebung e.V., am Freitag, 8. September, im Rahmen eines Pressegesprächs zu den Plänen der Bundesregierung. Durch den Zuständigkeitswechsel sollen in ganz Deutschland rund 900 Millionen Euro Steuermittel eingespart werden, da die Leistungen dann aus der Arbeitslosenversicherung gedeckt werden.

Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller: „Die in den letzten rund 18 Jahren aufgebauten lokalen Strukturen des Düsseldorfer Jugend-Jobcenters kommen den betroffenen Jugendlichen im Fall der Verlagerung nicht mehr zu Gute. Gerade die enge Zusammenarbeit der ‚Berufsberatung vor dem Erwerbsleben‘ der Agentur für Arbeit, dem örtlichen Jugendhilfeträger und dem Jobcenter in einem Haus der kurzen Wege hat bisher in der Arbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Erfolg geführt. Durch die Verlagerung der Zuständigkeit wird sich die Beratung und Betreuung der jungen Menschen deutlich verschlechtern. Außerdem wird es durch die zusätzliche Schnittstelle zu Reibungsverlusten kommen.“

„Den herausfordernden Lebenslagen von erwerbfähigen Leistungsbeziehern unter 25 Jahren wird in den Jobcentern mit einer Vielzahl von Maßnahmen, gut ausgebauten Netzwerken und erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begegnet. Für uns steht fest: Damit Jugendliche die bestmögliche Betreuung erfahren, muss der Zugang zu den ausschließlich im SGB II geregelten Förderinstrumenten bestehen bleiben, die Förderstruktur durch ein funktionierendes Netzwerk gesichert, unnötige Schnittstellen vermieden und beste Möglichkeiten geschaffen werden für einen Wechsel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. All das ist bislang nicht geklärt! Unser gemeinsames Ziel muss sein, drohende Verschlechterungen für die betroffenen Menschen und die Beschäftigen in den Arbeitsverwaltungen zu verhindern“, erklärt Sigrid Wolf, DGB-Regionsgeschäftsführerin Düsseldorf.

Bei der Beratung von arbeitslosen jungen Menschen ist häufig eine vielfältige soziale Beratung bis hin zu einem Fallmanagement, also einer auf den einzelnen Fall zugeschnittenen Hilfeleistung, notwendig: So stehen oftmals etwa psychische Probleme, Sucht, Schulden oder Konflikte mit den Eltern einer schnellen und erfolgreichen Vermittlung in eine Berufsausbildung oder eine Arbeitsstelle, die die Jugendlichen unabhängig von staatlicher Unterstützung machen könnten, entgegen. Auch lokale Förderangebote, die den Jugendlichen eine Struktur geben, erfordern eine eingehende Beratung.

„Es handelt sich um keine Einsparung von Mitteln, sondern lediglich um eine Verschiebung von einem steuerfinanzierten Bereich in einen beitragsfinanzierten Bereich“, sagt Michael Grütering, Hauptgeschäftsführer Unternehmerschaft Düsseldorf und Umgebung e. V. „Dadurch werden sich die Kosten bei der Agentur für Arbeit erhöhen und somit werden die Lohnnebenkosten jetzt für die Unternehmen und Beschäftigten steigen. Nur diese beiden Gruppen werden diese Verschiebung bezahlen müssen. Darüber hinaus wird die behördliche Umstellung zudem Zeit kosten – Zeit, die man nicht hat. Zwei bis drei Jahre werden sicher vergehen, um die Aufgaben komplett umzustellen. Das heißt auch: Zwei bis drei Schulabgänger-Jahrgängen kann man in dieser Zeit möglicherweise nur eine eingeschränkte Förderung ermöglichen. Die Agenturen für Arbeit haben bislang schon genug Probleme und Arbeit und können mit solchen weiteren Aufgaben nicht belastet werden. Wir werden junge Menschen auf diesem Weg verlieren.“

„Durch eine Änderung der Zuständigkeit werden die bisher durch das Jobcenter betreuten Jugendlichen nicht marktnäher oder einfacher vermittelbar – die Probleme werden bei nicht-adäquater Unterstützung eher größer als kleiner und bringen erhebliche soziale und fiskalische Folgekosten mit sich“, sagt OB Dr. Keller. „Als Wirtschaftsstandort möchten wir nicht auf eine Teilmenge der Jugendlichen als künftige Fachkräfte verzichten. Das Ziel des Jugend-Jobcenters, keinen Jugendlichen zurückzulassen, kann der Zuständigkeitswechsel aber nicht mehr erfüllen.“

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