Deutsche Wirtschaft im dritten Quartal überraschend gewachsen

Nach einem Rückgang im zweiten Quartal ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal überraschend gewachsen.

Das Bruttoinlandsprodukt stieg preis-, saison- und kalenderbereinigt verglichen mit dem Vorquartal um 0,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch mitteilte. Damit entging Deutschland einer technischen Rezession, die allgemein erwartet worden war. Das Statistikamt korrigierte allerdings das Minus vom zweiten Quartal deutlich nach unten.

Eine technische Rezession ist gegeben, wenn die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft. Im zweiten Quartal betrug das Minus nach aktualisierten Angaben des Statistikamts nun 0,3 Prozent statt 0,1 Prozent. Für das dritte Quartal war ein weiterer Rückgang erwartet worden – allerdings legten dem Statistikamt zufolge vor allem die staatlichen und die privaten Konsumausgaben zu.

Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ergibt sich für das BIP im dritten Quartal preisbereinigt ebenfalls ein Plus von 0,2 Prozent. Preis- und kalenderbereinigt war es hingegen um 0,2 Prozent niedriger, da ein Arbeitstag mehr zur Verfügung stand als im vergangenen Jahr. Details zu den Konjunkturzahlen sollen am 22. November veröffentlicht werden.

Experten waren sich weitgehend einig darin, dass das Wachstum überraschend komme und eine gute Nachricht sei – allerdings wenig an der generellen Lage ändere. „Seit gut zwei Jahren ist die deutsche Wirtschaft in einer Wellblechkonjunktur gefangen. Negative und positive Wachstumsraten wechseln sich ab und unterm Strich kommt das Bruttoinlandsprodukt nicht vom Fleck“, fasste KfW-Konjunkturexperte Philipp Scheuermeyer die Lage zusammen. Er verwies auf strukturelle Probleme, eine gesunkene internationale Wettbewerbsfähigkeit und eine schwache Binnennachfrage.

Nils Jannsen vom IfW Kiel betonte, das BIP sei derzeit kaum höher als im Jahr 2019 und somit „in den vergangenen fünf Jahren praktisch nicht gestiegen“. Auch im europäischen und internationalen Vergleich hinke Deutschland hinterher. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erklärte, Deutschland bleibe trotz des „leichten Hoffnungsschimmers“ im dritten Quartal das „Sorgenkind der EU“. Auf Jahressicht rechnet das Institut immer noch mit einer Rezession.

Das Münchner Ifo-Institut hält die Erholung des privaten Konsums im dritten Quartal für zögerlich und prognostizierte, dass sich an der Zurückhaltung in den kommenden Monaten nur wenig ändern werde. Im vierten Quartal sei aber insgesamt mit einer „geringen Belebung“ der Wirtschaft zu rechnen.

Die konjunkturelle Lage macht sich auch am Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Zahl der Arbeitslosen sank im Oktober nominal zwar um 16.000 auf 2,79 Millionen, saisonbereinigt bedeutet dies jedoch einen Anstieg um 27.000 im Vergleich zum Vormonat, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg mitteilte. Verglichen mit dem Oktober des vorigen Jahres liegt die Arbeitslosenzahl damit um 183.000 höher.

„Die Herbstbelebung am Arbeitsmarkt fällt in diesem Jahr weitgehend aus“, erklärte BA-Chefin Andrea Nahles. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung hatten im Laufe des Sommers zugenommen. Ab September setzt üblicherweise eine Erholung ein, die nun den zweiten Monat jedoch sehr gering ausfiel.

„Eine Besserung ist erst im nächsten Jahr zu erwarten“, kommentierte der KfW-Arbeitsmarktexperte Martin Müller die Zahlen. Zugleich bleibe der Fachkräftemangel hoch, besonders in Engpassberufen wie der IT, der Pflege und dem Bau. „Eine Ausweitung von Erwerbsbeteiligung und qualifizierter Zuwanderung sowie eine Stärkung des Wachstums der Arbeitsproduktivität sind daher weiterhin dringend geboten“, forderte der Experte.
© AFP

xity.de
Nach oben scrollen
Cookie Consent mit Real Cookie Banner