Die Enquete-Kommission des Bundestags zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan hat einem Medienbericht zufolge den verantwortlichen Bundesregierungen ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Mit dem Abzug der Nato aus dem Land und der Machtübernahme der Taliban im August 2021 seien Deutschland und seine internationalen Partner „strategisch gescheitert, Ergebnisse und gesteckte Ziele dauerhaft abzusichern“, zitiert der „Spiegel“ aus dem Zwischenbericht der Kommission, der am Montag vorgestellt werden soll.
Unter anderem die Koordination des knapp 20-jährigen Einsatzes zwischen den deutschen Ministerien sei mangelhaft gewesen, heißt es in dem Bericht. Die Abstimmung zwischen den verantwortlichen Ministerien, vor allem dem Auswärtigen Amt, dem Verteidigungs- und dem Entwicklungsministerium sei durch „Ressortegoismen“ geprägt gewesen, zitiert der „Spiegel“ aus dem Bericht. „Die Definition eines ressortübergreifenden politisch-strategischen Gesamtziels fehlte“.
Den verantwortlichen Politikern in den Ministerien, Militärs und Diplomaten wirft das Papier demnach mangelnden Realitätssinn, schlechte Abstimmung und jahrelanges Schönreden der Lage vor. „Eine fortlaufende, selbstkritische Bestandsaufnahme hinsichtlich der sehr hoch gesetzten Ziele, deren Realisierbarkeit und dem dafür notwendigen Ressourceneinsatz hat nicht ausreichend stattgefunden.“
Die vom SPD-Abgeordneten Michael Müller geleitete zwölfköpfige Enquete-Kommission hatte im September 2022 ihre Arbeit aufgenommen – ein Jahr nach dem Abzug der letzten westlichen Truppen aus Kabul. Die Kommission sollte „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“ ziehen. „Wir wollen aus Afghanistan lernen“, hatte Müller zum Start der Kommission gesagt.
Die Bundeswehr war im Juni 2021 nach knapp 20 Jahren aus Afghanistan abgezogen. Im August 2021 beteiligten sich nach der Machtübernahme der Taliban deutsche Soldaten dann noch einmal an der chaotischen Evakuierungsaktion vom Flughafen der Hauptstadt Kabul. Zwischen 2001 und 2021 waren insgesamt sechs Bundesregierungen für den Afghanistan-Einsatz verantwortlich. In dieser Zeit waren sechs Verteidigungsminister im Amt.
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