Mit seinen Überlegungen zu Schwarz-Grün als Koalitionsoption für die CDU ist Parteichef Friedrich Merz auf Widerspruch in den eigenen Reihen gestoßen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der Bundesvorsitzende der Nachwuchsorganisation Junge Union, Johannes Winkel (CDU), erklärten ein Regierungsbündnis mit den Grünen nach der nächsten Bundestagswahl für ausgeschlossen. Vertreterinnen und Vertreter der Grünen warben hingegen am Mittwoch dafür, die Koalitionsfrage offenzuhalten.
Anders als Merz sieht der CSU-Politiker Dobrindt derzeit keine Basis für eine künftige schwarz-grüne Zusammenarbeit. „Diese links-grüne Bevormundungs- und Umerziehungspolitik muss beendet werden“, sagte Dobrindt der „Rheinischen Post“ vom Donnerstag. „Die Grünen werden dabei eher Gegner als Partner sein.“
Auch CSU-Generalsekretär Martin Huber erteilte einer schwarz-grünen Koalition auf Bundesebene schon jetzt eine klare Absage. „Schwarz-grün ist kein Modell für die Zukunft“, sagte Huber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwochsausgaben). „Die Grünen sind mit ihrer Politik der ideologischen Bevormundung hauptverantwortlich für die schlechte Stimmung im Land.“ CSU und Grüne passten „einfach nicht zusammen“.
JU-Chef Winkel zeigte sich verwundert über den Zeitpunkt von Merz‘ Äußerungen. „18 Monate vor der Bundestagswahl ist nicht der Zeitpunkt für Koalitionsspekulationen“, sagte Winkel dem ZDF. „Was man aber jetzt schon sagen kann ist, dass Schwarz-Grün auf Bundesebene außerhalb der politischen Vorstellungskraft liegt.“ ,Winkel fügte hinzu: „Der grüne Zeitgeist der 2010-er Jahre, der leider auch die Union erfasst hatte, ist Ursache für viele der grundlegenden Probleme in Deutschland.“ Daher müsse es ein klares Signal geben: „Schwarz-Grün ist kein Zukunftsmodell.“
Merz hatte sich am Wochenende in seinem wöchentlichen Newsletter „MerzMail“ zu den Koalitionsoptionen nach der nächsten Bundestagswahl geäußert – und nannte die FDP, die SPD und die Grünen als mögliche Partner. Ein Bündnis insbesondere mit Grünen oder SPD wäre zwar „keine besonders verlockende Aussicht“ – könnte angesichts der Mehrheitsverhältnisse aber nötig sein, schrieb Merz.
Grünen-Chefin Ricarda Lang warnte davor, schon jetzt mögliche Koalitionsoptionen auszuschließen. Schwarz-Grün wäre „auf jeden Fall eine Option“, sagte sie am Dienstagabend dem TV-Sender Welt. Angesichts des Erstarkens des rechten Rands sei es „wichtig, dass Demokraten in der Lage sind, miteinander zu sprechen“.
Auch der hessische Grünen-Politiker Tarek Al-Wazir begrüßte Merz‘ Aussagen, zeigte sich aber auch verwundert über den CDU-Chef. Gegenüber dem ZDF verwies Al-Wazir darauf, dass Merz die Grünen zum „Hauptfeind“ der CDU erklärt habe. „Deswegen begrüße ich es, dass Herr Merz offensichtlich verstanden hat, dass dieser fundamentalistische Kurs der Union nicht zukunftsfähig ist.“
Merz‘ Vorgänger als Unionsfraktionschef, Ralph Brinkhaus (CDU), äußerte Unverständnis über den Zeitpunkt der Koalitionsüberlegungen des CDU-Chefs. „Mich stört eigentlich diese ganze Diskussion – wer, was, wann, mit wem?“, sagte Brinkhaus den Sendern RTL und ntv. Es gehe jetzt zunächst darum, „dass wir als Union Inhalte definieren, dass wir sagen, was wollen wir“. Nach der Wahl müsse die Union dann sehen, mit wem sie ihre Ziele umsetzen könne.
Der frühere CDU-Bundesminister Peter Altmaier sprang Merz bei. „Friedrich Merz hat etwas ganz Selbstverständliches gesagt: Die demokratischen Parteien CDU, FDP, Grüne und SPD müssen prinzipiell miteinander koalitionsfähig sein“, sagte Altmaier der „Rheinischen Post“ vom Donnerstag. Er verwies auf Koalitionen von CDU und Grünen in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg. Diese zeigten, „dass auch mit Grünen erfolgreiche Unionspolitik möglich ist“.
Merz hatte in seinem Newsletter am Wochenende auch argumentiert, dass es vor der Wahl eine feste Koalitionsaussage nicht geben dürfe. Wenn die Union dann nach der Wahl mit mehreren potenziellen Partnern Koalitionsgespräche führen könnte, würde dies ein „Ausloten um den besten Erfolg im Sinne der CDU“ ermöglichen. Ziel sei es, einen „Politikwechsel“ in Deutschland umzusetzen.
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