Die Vorhaben zielen auf eine Stärkung der Kompetenzen für Pflegekräfte und eine verbesserte Suizidprävention. „Beide Gesetze waren schon vor dem provozierten Abschied der FDP aus der Koalition weitgehend geeint“, sagte Lauterbach in Berlin. Sie hätten „in weiten Teilen“ auch die Zustimmung der Opposition.
„Deswegen haben wir sie trotz des Ampel-Endes jetzt auf den Weg gebracht“, betonte der Minister. Er sei zuversichtlich, „dass wir im Parlament dafür schnell Mehrheiten finden werden – entweder noch in dieser Legislaturperiode oder sehr schnell zu Beginn der nächsten“.
Die rot-grüne Minderheitsregierung verfügt im Bundestag nach dem Zusammenbruch der ‚Ampel‘ nicht mehr über eine Mehrheit. Sie ist deshalb für die Verabschiedung von Gesetzen auf Stimmen der Opposition angewiesen – die Unionsfraktion will jedoch nur in wenigen Fällen Gesetze mit verabschieden.
Der Entwurf des Pflegekompetenzgesetzes sieht mehr medizinische Kompetenzen für Pflegekräfte vor: Sie sollen künftig Leistungen ausführen dürfen, die bislang Ärztinnen und Ärzten vorbehalten waren. So könnten sie demnach über den Einsatz bestimmter Verbandstoffe, Salben oder Katheter selbst entscheiden. Auch Hilfsmittel und Medikamente sollen bestimmte Pflegekräfte verschreiben dürfen.
„Pflege kann mehr, als sie bislang darf“, so Lauterbach. „Deswegen wollen wir dafür sorgen, dass Pflegefachkräfte ihre Kompetenzen besser einsetzen können und stärker in die Versorgung eingebunden werden als heute.“
Das helfe allen: Pflegekräfte würden in ihrer Arbeit aufgewertet und motiviert, Ärzte entlastet und Pflegebedürftige erhielten die professionelle Zuwendung, die sie benötigten. Lauterbach betonte die Notwendigkeit der Reform „angesichts des steigenden Pflegebedarfs in einer alternden Gesellschaft“.
Das Gesetz sollte „nun zügig im Bundestag verabschiedet werden“, forderte bereits vor dem Kabinettsbeschluss die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll (SPD). Es sei „ein richtiges und wichtiges Vorhaben, um die Kompetenzen der Pflegenden zu stärken“.
Kritik äußerte hingegen der pflegepolitische Sprecher der Linken im Bundestags, Ates Gürpinar. Es sei „überfällig, dass Pflegekräfte ihre Kompetenzen endlich zur Verbesserung der Versorgung eigenverantwortlich einbringen können“. Allerdings müsse die Kompetenzerweiterung mit einer angemessenen Bezahlung einhergehen: „Pflegekräfte dürfen keine Billig-Ärzte sein.“
Der zweite vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf zielt auf eine verbesserte Suizidprävention. Denn Lauterbach zufolge begehen jedes Jahr 10.000 Menschen in Deutschland Suizid. „Das können wir nicht weiter hinnehmen“, bekräftigte er.
Viele Suizide seien vermeidbar. Ziel müsse es deshalb sein, „so viele Leben zu retten wie möglich“. Helfen soll laut Gesetzentwurf eine nationalen Koordinierungsstelle, die Beratungsangebote entwickelt und vorhandene Strukturen vernetzt. Geplant ist zudem die Einrichtung einer deutschlandweiten Rufnummer für Betroffene: Unter der Nummer 113 sollen Suizidgefährdete und Angehörige kostenfrei anrufen können.
Im Entwurf wird darauf hingewiesen, dass die Entwicklung der Suizidzahlen der vergangenen Jahre „keine nennenswerte Reduktion mehr“ zeige. Zuletzt 2022 und 2023 habe es sogar einen erneuten Anstieg gegeben.
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