Das Bundeskabinett hat ein umstrittenes Gesetz beschlossen, das den Einsatz sogenannter V-Leute und verdeckter Ermittler für Strafverfolgungsbehörden regeln soll. In dem Entwurf von Justizminister Marco Buschmann (FDP) sind erstmals verbindliche Berichtspflichten und eine „effektive, richterliche Kontrolle“ für den Einsatz von V-Leuten vorgesehen, wie das Ministerium am Mittwoch mitteilte. Nachdem Kriminalisten und Juristen das Gesetz bereits im Vorfeld der Kabinettssitzung bemängelt hatten, kam nun auch Kritik aus der Union und der SPD.
Durch das Gesetz sollen die Behörden zu mehr Transparenz bei diesen Ermittlungsinstrumenten verpflichtet werden und die Einsatzmöglichkeiten klar definiert werden. So sollen V-Leute „zum Beispiel nur bei bestimmten Straftaten von erheblicher Bedeutung zulässig sein, wie etwa bei Drogenkriminalität, Waffenhandel und Staatsschutzdelikten“, teilte das Ministerium mit. „Ihr Einsatz darf zudem nur erfolgen, wenn die Aufklärung durch andere Maßnahmen nicht möglich oder ausreichend erfolgsversprechend ist.“
Geregelt werden soll auch, unter welchen Bedingungen eine Verbindungsperson überhaupt als solche eingesetzt werden kann. Dies soll zum Beispiel ausgeschlossen sein, wenn der oder die Betroffene finanziell zu stark abhängig von der Tätigkeit wäre und durch sie einen „wesentlichen Anteil ihres Lebensunterhaltes“ verdienen würde. Auch Einsätze über zu lange Zeiträume oder gravierende Verurteilungen können einem Einsatz entgegenstehen.
Unter anderem sieht der Entwurf auch erstmals Berichtspflichten vor. Außerdem sollen V-Leute nur unter Richtervorbehalt eingesetzt werden und „einer regelmäßigen richterlichen Kontrolle unterstellt“ werden. „Damit wird ein Gleichklang zu anderen verdeckten Maßnahmen hergestellt, bei denen im Regelfall ebenfalls eine Prüfung durch eine unabhängige Instanz vorgesehen ist“, betonte das Ministerium.
„Gerade der Einsatz von V-Personen erfordert im Rechtsstaat eine hohe Sensibilität. Deshalb haben wir nun klare, gesetzliche Regeln für ihren Einsatz beschlossen“, erklärte Buschmann. „Die NSU-Untersuchungsausschüsse, die Erkenntnisse aus dem Anschlag am Breitscheidplatz und auch jüngere Fälle aus der Praxis haben deutlich gezeigt, dass ein Bedarf nach klareren Regeln besteht.“
Mit dem Gesetz würden den Ermittlern die „nötige Rechtssicherheit“ gegeben und „zugleich die Grenzen des Rechtsstaats“ aufgezeigt. „Mit unserem Entwurf wird deutlich: Klare Regelungen für den Einsatz von V-Personen sind möglich, ohne die Effektivität der Ermittlungen zu schmälern.“
An dem Gesetz kam Kritik, weil es in der Praxis die Hürden für mögliche Einsätze von V-Leuten deutlich anheben könnte und weil durch die Berichtspflichten das Entdeckungsrisiko für die V-Leute steigen könnte. Der Richterbund sprach in Reaktion auf den Kabinettsbeschluss von „realitätsfernen Anforderungen“ und „überbordenden Dokumentationspflichten“.
Auch die Union lehnt das Gesetz ab. Die Pläne seien „so praxisfern, dass der zukünftige Einsatz von V-Leuten generell auf dem Spiel steht“, erklärte Andrea Lindholz, Vizechefin der Unionsfraktion. So sei „absolut lebensfremd, den Einsatz einer Vertrauensperson von der vorherigen Zustimmung eines Richters abhängig zu machen.“ Gerichte, Staatsanwaltschaft und Polizei würden „aus einem unbegründeten Misstrauen heraus mit unnötiger Bürokratie belastet.“
Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Chef des Bundes deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, sieht noch Änderungsbedarf. „Wie immer gilt, dass kein Gesetz den Bundestag so verlässt, wie es hineinkommt“, erklärte Fiedler. „Das Entdeckungsrisiko für V-Personen muss auch in Zukunft gering bleiben. Schon jetzt gehen V-Personen ein großes persönliches Risiko ein, wenn sie Hinweise zur Aufklärung von Straftaten an die Strafverfolgungsbehörden liefern.“
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt dagegen grundsätzlich die erstmalige gesetzliche Regelung und nannte die Kritik aus Justiz- und Polizeikreisen „irritierend“. „V-Personen sind keine Polizisten. Ihr Einsatz muss deshalb einer besonders strengen Kontrolle und klaren gesetzlichen Regeln unterliegen“, erklärte Gül Pinar vom DAV. Die Ausschlussgründe für den Einsatz von V-Leuten seien jedoch „ergänzungsbedürftig“. So sei etwa die maximale Einsatzzeit „zu ungenau formuliert“.
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