Justizminister Buschmann sieht nach Berlinale-Eklat strafrechtliche Möglichkeiten

Nach dem Eklat um Israel-feindliche Äußerungen bei der Preisverleihung der Berlinale hat Bundesjustizminister Buschmann strafrechtliche Konsequenzen ins Spiel gebracht.

Nach dem Eklat um Israel-feindliche Äußerungen bei der Preisverleihung der Berlinale hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) strafrechtliche Konsequenzen ins Spiel gebracht. Das Strafrecht sei “gut aufgestellt”, um antisemitische Äußerungen zu ahnden, sagte er den Funke-Zeitungen vom Dienstag. Die frühere Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) warf ihrer Nachfolgerin Claudia Roth (Grüne) Versagen vor. Es hätte Raum für Interventionen gegeben, sagte Grütters mit Blick auf israelkritische Reden bei der Berlinale-Preisverleihung.

“Eine Belohnung und Billigung von Straftaten ist strafbar”, sagte Buschmann. Wer Propagandamittel verfassungswidriger und terroristischer Organisationen verbreite oder Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen wie der Hamas verwende, mache sich ebenfalls strafbar.

“Die Berlinale hat an diesem Wochenende schweren Schaden genommen, weil dort Antisemitismus viel zu unwidersprochen geblieben ist”, sagte Buschmann. Die strafrechtliche Beurteilung der Vorfälle sei Sache der zuständigen Strafverfolgungsbehörden und Gerichte. Das politische Urteil aber sei für ihn klar. “Antisemitismus ist unerträglich – seit dem 7. Oktober mehr denn je!”

Auf der Preisverleihung der Berlinale am Samstagabend waren mehrere scharf israelkritische Reden gehalten worden. So ging der Filmemacher Ben Russell mit einem Palästinensertuch auf die Bühne und äußerte Genozid-Vorwürfe wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen. Aus dem Publikum kam Applaus.

Ex-Kulturstaatsministerin Grütters kritisierte wegen des Vorfalls ihre Nachfolgerin Roth. “Versagt haben die Kulturverantwortlichen, die Direktoren, die Institutionen, vor allem die Kulturpolitik”, sagte Grütters dem Magazin “Stern”. Mit Blick auf Roth fügte sie hinzu: “Debatten über Antisemitismus in der Kunst ziehen sich wie ein roter Faden durch ihre Amtszeit. Die Documenta und vor allem der Umgang damit waren schlimm genug.”

Bei dem Vorfall am Samstag habe es “Raum für Interventionen gegeben – kein Applaus, Zwischenrufe, den Saal verlassen zum Beispiel”, schrieb Grütters in einem Gastbeitrag in der “Bild”-Zeitung. “Und es waren genug Personen im Saal, die die Autorität dazu hatten.”

Die Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, Katrin Budde (SPD), verurteilte die Verantwortlichen für ihr Verhalten. “Es hat keiner der Verantwortlichen eingegriffen oder erwidert. Die Leitung, die Moderation, Jurymitglieder, andere Preisträger hätten die Möglichkeit gehabt”, sagte Budde dem “Tagesspiegel” vom Dienstag. “Das macht einmal mehr deutlich, wie stark der Antisemitismus und die Israelfeindlichkeit in Teilen der Kulturszene verankert ist.”

Budde war am Samstagabend selbst im Publikum. “Ich saß wie in Schockstarre und dachte immer, da muss doch jemand, der das Mikro hat, etwas entgegnen. So wie viele um mich herum, habe auch ich nicht geklatscht. Von da, wo ich saß, war der meinungs-geteilte Saal erkennbar”, sagte sie. “Dass ausgerechnet Gäste, die schon wegen ihrer Kleiderordnung in Palästina keineswegs frei wären, am lautesten gejubelt haben, ist genauso wenig begreifbar.”

Die Berlinale wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und vom Land Berlin gefördert. Die Beauftragte Roth teilte am Montag mit, dass sie gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) “diese Vorkommnisse aufarbeiten will und mit der neuen Intendantin das Gespräch suchen will”. Roth wertete die Äußerungen bei der Preisverleihung als “erschreckend einseitig und von Israel-Hass geprägt”.

Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, sieht in dem Vorgang keinen Fall von Antisemitismus. “Ich würde von antiisraelischen und einseitigen Äußerungen sprechen, aber nicht von antisemitischer Rhetorik”, sagte der israelisch-deutsche Pädagoge und Publizist dem Bayerischen Rundfunk.

In der Diskussion um die Konsequenzen kritisiert Mendel die Politik. “Es gibt überhaupt keine konstruktiven Ideen, wie man mit der Situation umgeht, sondern es geht nur darum, eine Art Symbolpolitik zu betreiben.” Dabei werde die Berlinale diskreditiert. Dies sei falsch und weder im Interesse Israels noch einer konstruktiven Debatte in Deutschland.
© AFP

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