Forderungen nach höheren Finanzmitteln im Kampf gegen den globalen Klimawandel haben den ersten Tag des Petersberger Klimadialogs in Berlin geprägt. Deutschland werde sein Versprechen halten und trotz knapper Haushaltsmittel sechs Milliarden Euro pro Jahr aus staatlichen Mitteln für die Klimafinanzierung aufbringen, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Donnerstag zum Auftakt des zweitägigen Forums. Allerdings müsse auch der private Sektor stärker eingebunden werden.
Die Weltgemeinschaft müsse „dafür sorgen, dass wir auf den 1,5-Grad-Pfad kommen“, sagte Baerbock mit Blick auf das Ziel des Pariser Abkommens, die Erderwärmung auf diesen Wert zu begrenzen. Der Klimadialog in Berlin soll Schwung in die internationale Klimadiplomatie bringen. Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus etwa 40 Staaten wollen Weichenstellungen für die UN-Klimakonferenz (COP29) im November in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku vornehmen.
In ihrer Rede verwies Baerbock auf die 2023 bei der UN-Klimakonferenz in Dubai erreichten Erfolge. So sei dort „das Ende der fossilen Energien eingeläutet“ worden. Hinzu kämen die Einigung auf eine Abkehr von fossilen Energieträgern, die Verdreifachung des Ausbaus erneuerbarer Energieträger bis 2030, die Verdopplung der Fortschritte für mehr Energieeffizienz und den Aufbau eines Fonds für klimabedingte Schäden. Diese Dynamik „wollen wir nutzen, um dem internationalen Klimaschutz einen Schub zu geben“.
Um die Klimaziele zu erreichen, sei beim Petersberger Klimadialog ein breites Bündnis von Akteuren ins Leben gerufen worden, welches die Überzeugung eine, dass Wirtschaftsentwicklung und Klimaschutz kein Widerspruch darstellten, sondern „Hand in Hand“ gingen, sagte Baerbock auf einer Pressekonferenz. Durch Investitionen in erneuerbare Energien entstünden etwa weltweit 14 Millionen neue Jobs.
Insgesamt würden öffentliche Gelder aber nicht ausreichen, um weltweit hinreichend Mittel zusammenzubekommen, betonte Baerbock. Mitwirken müssten daher auch private Investoren und internationale Institutionen. Es müsse eine „Entfesselung des privaten Kapitals“ geben. Den weltweiten Finanzbedarf bezifferte Baerbock auf fünf Billionen Dollar, davon zwei Billionen Dollar für Entwicklungsländer. An der Finanzierung sollten sich alle Länder mit hohem CO2-Ausstoß beteiligen, nicht nur die traditionellen Industrieländer.
Nach wie vor konzentrierten sich 90 Prozent der Investitionen in neue Technologien auf Industrieländer, kritisierte die Ministerin. Es werde daran gearbeitet, mehr Garantien für privatwirtschaftliche Investitionen auch in Länder etwa auf dem afrikanischen Kontinent zu schaffen. „Was wir jetzt zu wenig in den Klimaschutz investieren, wird uns langfristig ein Vielfaches für die Behebung der Schäden kosten“, mahnte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD).
Der Klimaschutz sei „von einem politisch gewollten und gesteuerten Vorhaben zu einem solchen geworden, das durch Marktkräfte vorangetrieben wird“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf dem Dialogforum. Der Staat müsse vor allem die richtigen Investitionsbedingungen setzen, damit „der Markt selbst aktiv wird“.
Der designierte Präsident der COP29 in Baku, Muchtar Babajew, rief die Regierungen dazu auf, noch ehrgeizigere Ziele zu formulieren. Dies gelte auch für die Klimafinanzierung. „Auf der COP29 müssen wir neue Klimafinanzierungsziele definieren“, sagte Babajew. Die Mittel müssten um ein Vielfaches erhöht werden. Dies sei eine der Säulen auf dem Weg zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Mit der Ausrichtung der COP29 habe sein Land eine „Verantwortung“ übernommen und wolle die „Ambitionen aller Parteien in Einklang bringen“.
An Aserbaidschan als Gastgeberland gibt es wegen der dominierenden Rolle des Öl- und Gassektors in dessen Wirtschaft Kritik. Auch Babajew selbst war bis 2010 ein ranghoher Mitarbeiter des staatlichen Energiekonzerns Socar.
Am Freitag werden auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew an der Veranstaltung teilnehmen. Weitere teilnehmende Staaten sind unter anderem die USA, China, Brasilien und die Vereinigten Arabischen Emirate, das Gastgeberland der UN-Klimakonferenz 2023. Baerbock wertete den Dialog als „Brücke“ zwischen den Konferenzen in Dubai und Baku. Zur Konferenz kommendes Jahr in Brasilien sind dann alle Staaten aufgerufen, nachgeschärfte nationale Klimapläne (NDC) vorzulegen.
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