Einigung auf Etat 2025 und Konjunkturpaket – Scholz sieht Koalition gestärkt

Nächtliche Einigung statt Koalitionsbruch: Die Spitzen der Ampel-Koalition haben sich auf Eckpunkte für den Staatshaushalt 2025 und ein Konjunkturpaket geeinigt - und sehen damit die Grundlage für die kommenden 14 Monate Regierungsarbeit gelegt.

Nächtliche Einigung statt Koalitionsbruch: Die Spitzen der Ampel-Regierung haben sich auf Eckpunkte für den Staatshaushalt 2025 und ein Konjunkturpaket verständigt – und sehen damit die Grundlage für die kommenden 14 Monate Regierungsarbeit bis zur Bundestagswahl gelegt. Es gehe um „wirtschaftliche Belebung, mehr Zusammenhalt, mehr Sicherheit und mehr Prosperität“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag. Die Einigung sei „ein gelungenes Gesamtkunstwerk“. Vorgesehen sind Rekordinvestitionen und Steuererleichterungen – und das alles unter Einhaltung der Schuldenbremse.

In einer 14-stündigen Marathonsitzung im Kanzleramt verständigte sich Scholz gemeinsam mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) in der Nacht auf Freitag auf das Grundgerüst für Haushalt und Konjunkturpaket. Vorangegangen waren monatelange Debatten in der Ampel-Koalition. Die Einigung kam gerade noch vor der parlamentarischen Sommerpause zustande. Einen möglichen Koalitionsbruch, der auch in den Reihen der Ampel-Parteien mit einem Scheitern der Gespräche verbunden wurde, haben die Regierungsspitzen damit abgewendet.

„Ich bin davon überzeugt, dass die Verständigung auch die Koalition stärkt“, sagte Scholz. Alle drei Ampel-Partner könnten „sich und die Projekte wiederfinden, die ihnen aus guten Gründen ganz besonders wichtig sind“, betonte der Regierungschef. Am 17. Juli soll der fertige Haushaltsentwurf das Kabinett passieren. Nach der Sommerpause wird sich der Bundestag damit befassen, ein Beschluss ist Ende November geplant.

Insgesamt habe es in den Haushaltsverhandlungen 23 Gespräche von Kanzler, Vizekanzler und Finanzminister im Kanzleramt gegeben, sagte Lindner. Die Koalitionäre hätten rund 80 Stunden zusammengesessen. ,Die Einigung gehe nun weit über eine Etataufstellung hinaus: „Wir haben uns neu auf die gemeinsamen Grundlagen unseres Regierungshandelns verständigt“, sagte der FDP-Chef. Habeck stellte klar, dass die Koalitionäre trotz der Diskussionen in der Ampel-Regierung „das Arbeitsethos“ nie verlassen habe.

Scholz, Lindner und Habeck berichteten übereinstimmend von schwierigen und intensiven Haushaltsberatungen. Der Kanzler sagte dazu: „Wir machen es uns nicht wirklich immer leicht, ringen hart um die Sache, und wir suchen Kompromisse – manchmal die halbe Nacht, manchmal die ganze Nacht“, sagte er – und fügte hinzu: „Warum? Weil die Alternative dazu eben keine Alternative ist: die Nerven zu verlieren, hinzuschmeißen oder vor Verantwortung wegzulaufen.“

Für den Haushalt sei nun „jeder Stein umgedreht“ worden, sagte Lindner. Die Einigung sieht vor, dass die Schuldenbremse nicht ausgesetzt werden soll. Der Bund will im kommenden Jahr 44 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen – und damit bei einem Haushalts-Gesamtvolumen von 481 Milliarden Euro die Schuldenvorgaben im Grundgesetz einhalten, sagte Lindner. Eine Notlage wird nicht erneut ausgerufen – damit setzte sich die FDP gegen Widerstände vor allem aus der SPD durch.

SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich hält bei der Schuldenbremse das letzte Wort dennoch nicht für gesprochen. Er behalte sich vor, über einen Notlagenbeschluss eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu ermöglichen, sagte Mützenich am Freitagmorgen. Es seien „eine Menge Kunstgriffe nötig“ gewesen, um die Milliardenlücke im Haushalt 2025 zu schließen.

Ein Teil der Haushaltslücke soll nun zu Lasten des Verteidigungsetats gedeckt werden. Minister Boris Pistorius (SPD) muss Lindner zufolge mit fünf Milliarden Euro weniger auskommen als gefordert. Der Wehretat von derzeit knapp 52 Milliarden Euro soll dennoch leicht steigen – dem Vernehmen nach um gut eine Milliarde Euro.

Von 2028 an soll der Verteidigungshaushalt rund 80 Milliarden Euro betragen, die laut Scholz vollständig aus dem Regelhaushalt und nicht mehr aus einem Sondervermögen finanziert werden. Damit halte Deutschland langfristig das Nato-Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung ein.

Der SPD-Haushaltspolitiker Andreas Schwarz nannte im „Tagesspiegel“ das geringe Plus im Wehretat eine „ernüchternde Zahl“. Aus der Grünen-Bundestagsfraktion kam zudem Unmut über Einsparungen bei Ausgaben für internationale Entwicklung. „Da wurden die falschen Prioritäten gesetzt“, erklärte Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler. Unzufrieden zeigten sich auch mehrere Sozialverbände und kritisierten fehlende Investitionen in den Sozialstaat.

Investiert werden soll dagegen in die Infrastruktur – und zwar mit 57 Milliarden Euro auf Rekordniveau. Zudem sind Steuerentlastungen für Bürgerinnen und Bürger in Höhe von 23 Milliarden in den kommenden beiden Jahren geplant. Im Wachstumspaket sind zudem unter anderem Vergünstigungen für arbeitende Rentner und bei Überstunden und Bürokratieabbau vorgesehen.

Die Opposition im Bundestag kritisierte die Einigung. Es handle sich lediglich um den „Burgfrieden einer erschöpften Koalition für wenige Tage“, sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Der „große Verlierer“ der Haushaltspläne sei die Bundeswehr. Die AfD beklagte „symbolpolitische Entlastungsversprechen“ der Bundesregierung, die Steuerbelastung bleibe auf einem Rekordhoch.
© AFP

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