Bundesregierung stellt sich auf große Abhängigkeit von Wasserstoffimporten ein

Die Bundesregierung stellt sich mittel- und langfristig auf eine starke Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von importiertem Wasserstoff ein.

Die Bundesregierung stellt sich mittel- und langfristig auf eine starke Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von importiertem Wasserstoff ein. Wasserstoff sei für die Klimaziele unersetzlich, doch ein Großteil des Bedarfs werde „durch Importe aus dem Ausland gedeckt werden müssen“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch. Wirtschaftsvertreter und Klimaschützer begrüßten die Initiative grundsätzliche, kritisierten sie aber als zu unkonkret.

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums wird Deutschland im Jahr 2030 Wasserstoff und Wasserstoffderivate in Höhe von 45 bis 90 Terawattstunden importieren müssen. Das entspreche 50 bis 70 Prozent des Bedarfs. Bis 2045 könnte der Gesamtbedarf demnach auf bis zu 700 Terawattstunden ansteigen – dabei „ist davon auszugehen, dass der Importanteil nach 2030 weiter steigt“.

Das Bundeskabinett verabschiedete am Mittwoch eine Wasserstoffimportstrategie. Er wolle so ein „klares Signal an unsere Partner im Ausland“ senden, erklärte Habeck: „Deutschland erwartet im Inland eine große und stabile Nachfrage nach Wasserstoff und Derivaten und ist ein verlässlicher Partner und Zielmarkt für Wasserstoffprodukte.“ Die Partnerländer würden so motiviert, ihre Produktion hochzufahren.

Nach Angaben des Ministeriums arbeitet die Bundesregierung mit „einer Vielzahl an Partnerländern, -regionen und Akteuren zusammen“, um die Lieferquellen „möglichst breit zu diversifizieren“. Geplant sind demnach Pipelines für den Import aus europäischen und anliegenden Regionen. Aus weiter entfernten Ländern könnten Wasserstoffderivate per Schiff geliefert werden.

Wasserstoff soll im Einklang mit den Klimazielen künftig in Bereichen eingesetzt werden, in denen erneuerbare Energien nicht direkt verwendet werden können, etwa in energieintensiven Industriezweigen wie der Stahlherstellung. Außerdem soll Wasserstoff als Gasersatz in Kraftwerken zur Stromproduktion zum Einsatz kommen, um die Versorgungssicherheit zu stützen.

In der Importstrategie betont die Bundesregierung erneut, dass sie nicht nur auf grünen Wasserstoff setzt, der ausschließlich mit erneuerbaren Energien produziert wird. „Um den notwendigen raschen Wasserstoffhochlauf zu ermöglichen, bezieht die Importstrategie auch kohlenstoffarmen Wasserstoff und seine Derivate in die Bedarfsdeckung mit ein“, erklärte das Ministerium.

Wirtschaftsvertreter kritisierten die Strategie als nicht konkret genug. Hartmut Rauen vom Verband der Maschinen- und Anlagenbauer sprach zwar von einer „guten Bestandsaufnahme“. Es fehlten aber „neue Maßnahmen, frische Impulse oder gar Meilensteine, die den globalen Handel mit Wasserstoff beflügeln könnten“.

„Leider findet sich im Strategiepapier nichts grundlegend Neues“, befand Holger Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie. „Wir brauchen jetzt konkrete Maßnahmen und Zeitpläne“, bemängelte Timm Kehler vom Branchenverband Zukunft Gas. „Außerdem ist ein einheitliches, internationales Zertifizierungssystems für Wasserstoff von zentraler Bedeutung.“

Dem schlossen sich auch Umweltschützer an. Viviane Raddatz, Klima-Chefin des WWF Deutschland, forderte neben einem Zertifizierungssystem auch „konkrete und  verbindliche Nachhaltigkeitskriterien“. Außerdem kritisierte sie die geplante öffentliche Förderung von blauem Wasserstoff, der unter Einsatz von Erdgas hergestellt wird.

“Wer die Klimakrise aufhalten will, darf nicht mit Wasserstoff aus Erdgas planen“, kritisierte auch Mira Jäger von Greenpeace. „In einem zukunftsfähigen Energiesystem haben fossile Brennstoffe keinen Platz.“
© AFP

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