Nach vereiteltem Anschlag in München gehen Ermittlungen zu Täter und Motiv weiter

Nach der Vereitelung eines mutmaßlichen Anschlags auf das israelische Generalkonsulat in München gehen die Ermittlungen zum Täter und seinem Motiv weiter.

Die Polizei in Österreich, wo der mutmaßliche Täter gelebt hatte, teilte am Donnerstagabend mit, der 18-Jährige sei dort zuvor verdächtigt worden, sich „religiös radikalisiert“ zu haben. Der junge Mann hatte in der Nähe des israelischen Generalkonsulats Schüsse auf Polizisten abgegeben, die ihn daraufhin erschossen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und andere hochrangige Politiker dankten den Einsatzkräften für ihr schnelles Eingreifen.

„Die schnelle Reaktion der Einsatzkräfte in München hat heute womöglich Grausames verhindert“, schrieb Scholz am Donnerstagabend im Internetdienst X. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte im ZDF-„Heute Journal“, die bayerische Polizei habe „sehr gut gearbeitet“. Die Beamten hätten „sehr beherzt, sehr besonnen, aber auch sehr konsequent durchgegriffen“.

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dankte den Einsatzkräften. Der Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen habe für die Behörden in Deutschland „oberste Priorität“, sagte die Ministerin vor Journalisten.

Der 18-jährige Tatverdächtige hatte am Donnerstag in der Nähe des israelischen Generalkonsulats Schüsse abgegeben, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) schilderte. Daraufhin hätten die Beamten ihn erschossen. Die Tat ereignete sich genau am 52. Jahrestag des Münchner Olympia-Attentats vom 5. September 1972.

Die Generalstaatsanwaltschaft München und die Polizei gingen nach dem Ermittlungsstand „von einem terroristischen Anschlag auch mit Bezug zum Generalkonsulat des Staates Israel“ aus. Die Klärung der Tatmotive des getöteten Verdächtigen bilde nun „einen Schwerpunkt“ der laufenden Ermittlungen, hieß es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Behörden.

Nach Angaben der Polizei hatte der Verdächtige mit einem Repetiergewehr älteren Typs auf Polizisten geschossen, die ihn gesichtet hatten und sich näherten. Daraufhin habe sich ein Schusswechsel entwickelt, bei dem der 18-Jährige tödlich getroffen worden sei. Weitere Menschen wurden demnach nicht verletzt, auch die Beamten blieben unversehrt. Die Polizei löste Großalarm aus und riegelte die Gegend ab. Hinweise auf weitere Täter gab es jedoch nicht.

Ministerpräsident Söder stufte die Tat als möglichen Anschlag ein. Er sprach bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Herrmann und Vertretern der Polizei von einem „schlimmen Verdacht“ mit Blick etwa auf den Tatzeitpunkt am Jahrestag des Olympia-Attentats. Die Motive müssten aber noch weiter aufgeklärt werden, betonten Söder und sein Innenminister.

Vertreter Israels reagierten entsetzt auf die Tat. Der israelische Präsident Isaac Herzog tauschte sich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einem Telefonat über das Geschehen aus. Beide drückten ihre Verachtung und ihre Abscheu über den „Terroranschlag“ aus, schrieb Herzog im Onlinedienst X. Er dankte den deutschen Sicherheitskräften für ihre „schnelle Reaktion“.

Bei dem erschossenen Verdächtigen handelte es sich laut Ermittlern um einen österreichischen Staatsbürger, der in dem Nachbarland wohnte. Er hatte laut Polizei einen Karabiner mit aufgestecktem Bajonett bei sich, in der Nähe fanden die Einsatzkräfte auch ein vom dem Mann genutztes Auto. Die Ermittlungen übernahm eine für Terrorismus- und Extremismusbekämpfung zuständige Spezialabteilung bei der Münchner Generalstaatsanwaltschaft.

Die Polizei in Salzburg erklärte, es handele sich bei dem erschossenen Mann um einen 18-jährigen Österreicher mit bosnischen Wurzeln aus dem Flachgau. Diesem sei im Jahr 2023 „nach einer gefährlichen Drohung gegen Mitschüler und damit einhergehender Körperverletzung auch die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen worden“. Er sei verdächtigt worden, sich für Sprengstoff und Waffen zu interessieren.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg ließ demnach nach abgeschlossenen Ermittlungen aber alle Vorwürfe gegen den damals 17-Jährigen fallen. Bis mindestens Anfang 2028 habe für den Mann ein Waffenverbot gegolten. Seit damals sei er nicht mehr polizeilich aufgefallen, hieß es.

Die Polizei in München war nach Angaben eines Sprechers wegen des Jahrestags des Olympia-Attentats besonders sensibilisiert und bereits in dem fraglichen Bereich präsent. Dort befindet sich neben dem israelischen Konsulat unter anderem auch das Münchner NS-Dokumentationszentrum.

Bei dem Olympia-Attentat am 5. September 1972 war ein palästinensisches Kommando in das Münchner Olympiagelände eingedrungen und hatte Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln genommen. Bei der Geiselnahme und einer fehlgeschlagenen Befreiungsaktion wurden elf israelische Sportler und ein deutscher Polizist getötet.

Die Sicherheitslage gilt derzeit als äußerst angespannt. Erst vor zwei Wochen wurden drei Menschen bei einem laut Behörden mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag auf ein Stadtfest in Solingen erstochen. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hatte die Tat in der nordrhein-westfälischen Stadt für sich reklamiert.
© AFP

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