Seit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober muss sich die Generalstaatsanwaltschaft Berlin mit deutlich mehr juden- und israelfeindlichen Taten befassen. Die Zahl der Verfahren mit antisemitischem Hintergrund sowie im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt stieg im vergangenen Jahr auf 747, wie der Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Florian Hengst, am Dienstag in seinem Jahresbericht mitteilte.
Das waren 56 Verfahren mehr als im Vorjahr, als noch 691 solcher Verfahren neu eingeleitet worden waren. Es gebe tatsächlich aber noch deutlich mehr Fälle, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft. Eine vierstellige Zahl von Ermittlungsverfahren liege noch bei der Polizei und sei bis zum Ende des Jahres 2023 nicht im staatsanwaltschaftlichen System registriert gewesen. Allein 158 von den neu eingeleiteten 747 Verfahren der General- und Staatsanwaltschaft stünden im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt und dem Hamas-Angriff.
Es gehe vor allem um Taten im Rahmen von propalästinensischen Demonstrationen und in der digitalen Welt. So seien etwa Parolen wie „From the river to the sea“ gerufen worden. Eingangstüren von Wohnhäusern seien mit Davidsternen beschmiert worden. Außerdem seien jüdische Menschen beleidigt und sogar bedroht worden – im persönlichen Umfeld, auf offener Straße und in den sozialen Netzwerken. Es sei auch zu Straftaten aufgefordert worden, etwa dazu, Israel zu bombardieren.
Antisemitische Verschwörungsmythen rund um das Coronavirus hätten mit dem Ende der Pandemie nicht mehr so viel Raum eingenommen wie in den Jahren zuvor, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft. Verschwörungsmythen rund um den Ukraine-Krieg schürten demnach aber weiter Antisemitismus. Im Jahr 2021 hatten die Berliner Staatsanwaltschaften noch 662 Verfahren wegen Taten mit antisemitischem Hintergrund eingeleitet. 2020 waren es 417 gewesen.
© AFP