EU-Umweltminister verabschieden umkämpftes Renaturierungsgesetz

Nach monatelangem Ringen haben die Umweltministerinnen und -minister der Europäischen Union haben das Renaturierungsgesetz verabschiedet.

Nach monatelangem Ringen haben die Umweltministerinnen und -minister der EU das Renaturierungsgesetz verabschiedet. Ausschlaggebend für die Abstimmung am Montag in Luxemburg war, dass Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gegen den Willen des konservativen Bundeskanzlers Karl Nehammer für das Gesetz stimmte. Mit dem Gesetz will die EU die Umweltzerstörung in den Mitgliedstaaten zurückdrehen.

Das Gesetz verpflichtet die EU-Länder, bis 2030 mindestens je 20 Prozent der geschädigten Flächen und Meeresgebiete wiederherzustellen und bis 2050 alle bedrohten Ökosysteme. Darauf hatten sich die Unterhändler der Mitgliedstaaten bereits im November mit den Abgeordneten des Europaparlaments geeinigt. Insbesondere die Landwirtschaft sieht das Gesetz kritisch.

Die endgültige Zustimmung der 27 EU-Länder zu dieser Einigung galt eigentlich als Formalie. Die Verhältnisse im Rat der Mitgliedstaaten waren jedoch bis zuletzt knapp: Italien, Finnland, die Niederlande, Polen, Schweden und Ungarn sprachen sich nach Diplomatenangaben gegen das Gesetz aus. Belgien enthielt sich. Die nötige qualifizierte Mehrheit von mindestens 15 Mitgliedstaaten und mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung kam damit erst mit der Zustimmung Österreichs zustande.

Das von der konservativen ÖVP geführte Bundeskanzleramt in Wien kündigte eine Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof an, die das Gesetz kippen könnte. Die Entscheidung von Klimaschutzministerin Gewessler sei „nicht verfassungskonform“, teilte das Kanzleramt in Wien am Montag mit.

„Ich weiß, dass ich in Österreich auf Widerstand stoßen werde“, sagte Gewessler in Brüssel. Einer Klage sehe sie aber gelassen entgegen. Dafür gibt es aus ihrer Sicht keine rechtliche Grundlage. „Ich bin davon überzeugt, dass es jetzt an der Zeit ist, dieses Gesetz zu verabschieden“, fügte die Klimaschutzministerin hinzu.

Umweltorganisationen wie Greenpeace und BUND feierten einen „Riesenerfolg für den Schutz der Natur“ in der EU. „Es reicht nicht mehr, die Natur nur zu bewahren“, erklärte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. „Damit die Natur uns vor Katastrophen und der Klimakrise schützen kann, müssen Ökosysteme wie Flüsse, Wälder und Moore dringend großflächig renaturiert werden“, fügte er hinzu. Greenpeace sprach zudem von einem „Hoffnungsschimmer“ für das EU-Klimaschutzpaket Green Deal.

Der Deutsche Bauernverband (DBV) kritisierte das Ergebnis hingegen scharf. „Mit dieser Entscheidung ignorieren die Umweltminister das Ergebnis der Europawahl“, erklärte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Die EU dürfe den Bauern nicht vorschreiben, wie sie zu wirtschaften haben. „Das löst Widerstände aus“, warnte er.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach hingegen von einer „ausgewogenen Balance“ zwischen dem Naturschutz und den Interessen der Landwirtschaft. „Die EU ist in der Lage, gute Kompromisse zu finden“, sagte sie in Luxemburg. Das nun beschlossene Gesetz zeige, „dass keine Regierung und keine Partei an den Belangen und Umwelt- und Naturschutzes vorbeikommt“.

Deutschland und zehn weitere EU-Länder hatten noch im Mai in einem Schreiben an den belgischen Ratsvorsitz einen Beschluss des Renaturierungsgesetzes im Juni gefordert. Die Hängepartie um einen zuvor vereinbarten Kompromiss „gefährdet unsere demokratischen Institutionen“, hieß es in dem Brief auf Initiative Irlands. Im Juli übernimmt Ungarn mit seiner rechtsnationalistischen Regierung turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft.
© AFP

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