Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) hat sich für eine generelle Absenkung des Wahlalters in Deutschland auf 16 Jahre ausgesprochen – und ist damit umgehend auf Widerspruch aus der Union gestoßen. „Bei der Europawahl im Juni dürfen zum ersten Mal auch 16-Jährige wählen. Das tut unserer Demokratie gut“, sagte Bas am Wochenende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir sollten mit der Bundestagswahl und den Landtagswahlen nachziehen.“
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, kritisierte den Vorstoß. „Man kann kaum begründen, warum jemand über die Geschicke unseres Landes mitentscheiden soll, den wir in anderen Bereichen nicht für reif genug erachten, seine Angelegenheiten ohne die Zustimmung seiner Eltern zu regeln“, sagte er ebenfalls der Funke-Mediengruppe. Er sehe keine Notwendigkeit, das Wahlalter zu ändern.
In der Ampel-Koalition stieß der Vorstoß von Bas auf ein geteiltes Echo. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sagte den Funke-Zeitungen, junge Leute hätten „jedes Recht, über ihre Zukunft selbst zu entscheiden“. Deshalb werbe auch sie für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.
Ablehnend äußerte sich Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP). „Aus meiner Sicht sollte das Wahlalter an die Volljährigkeit anknüpfen“, sagte er den Zeitungen. „Wenn der Gesetzgeber Unter-18-Jährigen nicht die völlige Geschäftsfähigkeit zubilligt, dann ist es sinnwidrig, diese Reife bei der Entscheidung über die politische Zukunft des Landes gesetzlich zu definieren.“
Manche hätten Bauchschmerzen, wenn Jugendliche vor der Volljährigkeit das Wahlrecht bekämen, räumte Bas ein. „Ich werde aber nicht aufhören, für eine verfassungsändernde Mehrheit zur Absenkung des Wahlalters auf 16 zu werben“, sagte sie. „Für mich ist das Teil der Demokratieerziehung.“ Je früher Menschen wählen gingen, desto wahrscheinlicher sei es, dass sie auch zukünftig regelmäßig an Wahlen teilnähmen, argumentierte Bas unter Hinweis auf entsprechende Studien.
Eine Absenkung des gesetzlichen Wahlalters wird in Deutschland immer wieder diskutiert. Bei Bundestagswahlen liegt es bei 18 Jahren, bei Landtags- und Kommunalwahlen ist es unterschiedlich geregelt. In sechs Bundesländern dürfen inzwischen 16-Jährige über die Zusammensetzung der Landesparlamente mitentscheiden. Dies sind Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg sowie Brandenburg.
Bas nahm auch die Schulen in die Pflicht. „Die Schülerinnen und Schüler müssen lernen, sich nicht nur auf TikTok oder YouTube zu informieren – und Informationen von Falschnachrichten zu unterscheiden“, sagte sie. Vielmehr müsse an den Schulen „immer auch der Wert der Demokratie vermittelt werden“.
Aufgeschlossen äußerte sich Bas für eine Stimmabgabe per App, wie das Estland derzeit plane. „Diese App möchte ich mir unbedingt anschauen, das könnte zukünftig ein sinnvolles Instrument sein“, sagte sie. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass eine solche App nicht manipulierbar sei. Dann jedoch könne sie zu einer höheren Wahlbeteiligung beitragen.
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