Die Grünen haben eine Kundgebung zum politischen Aschermittwoch im baden-württembergischen Biberach wegen heftiger Proteste von Landwirten am Veranstaltungsort abgesagt. Der Geschäftsführer der Biberacher Grünen, Michael Gross, begründete die Absage mit Sicherheitsbedenken. Vor der Stadthalle hätten sich Demonstranten versammelt, die zum Teil „verbal aggressiv“ aufgetreten seien, sagte Gross. „Wir sehen nicht, dass wir eine ordnungsgemäße Veranstaltung durchführen können“, ergänzte er.
Zuvor war Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) von den Demonstranten vor der Halle ausgebuht worden. Ein Sprecher der zuständigen Polizei in Ulm bestätigte, dass es von Teilen der Demonstranten zu „aggressiven Protestaktionen“ gekommen sei. Polizisten und Polizeifahrzeuge seien mit Gegenständen beworfen worden. Dabei seien mehrere Polizisten leicht verletzt und ein Polizeiwagen beschädigt worden.
Wie der Polizeisprecher sagte, setzten die Polizisten Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Ein Tatverdächtiger wurde demnach festgenommen. Ein Grund für die Absage der Kundgebung sei die Sorge gewesen, dass Demonstranten in die Halle eindringen könnten.
„Ich hoffe einfach, dass wir nach diesem Aschermittwoch wieder zu einem konstruktiven Dialog zurückfinden“, sagte Grünen-Geschäftsführer Gross. Bei der Veranstaltung in Biberach hätten eigentlich unter anderem die Grünen-Kovorsitzende Ricarda Lang und Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir sprechen sollen. Özdemir ist seit Wochen das Ziel scharfer Kritik von Bauernverbänden. Grund ist die von der Bundesregierung geplante Kürzung von Agrarsubventionen.
Özdemir ergriff vor der geplanten Grünen-Veranstaltung vor den demonstrierenden Landwirten das Wort und äußerte Verständnis für deren Ärger über die Subventionskürzungen. Die ursprünglichen Regierungspläne hätten die Landwirte über Gebühr belastet: „Das war falsch, deswegen waren die Proteste berechtigt“, sagte Özdemir.
Die Stimmung heizte sich auf, als ein Zwischenrufer den Minister beschuldigte, sich bei den Bauernprotesten nicht gezeigt zu haben – und der Minister sich gegen diesen Vorwurf verwahrte. „Ich war auf den Kundgebungen“, sagte Özdemir. Den Vorwurf bezeichnete er als „Frechheit“ und sagte: „Das regt mich jetzt wirklich auf.“ Die Protestteilnehmer reagierten mit Buh- und Pfuirufen.
Der baden-württembergische Grünen-Landesverband erklärte, Özdemir habe bei den Protesten vor der Halle in Biberach „den Dialog gesucht“. Die Grünen hätten „bereits im Vorfeld der Veranstaltung Gesprächsangebote unterbreitet und werden den Austausch in kleiner Runde fortführen.“
Die Polizei war nach eigenen Angaben mit „starken Kräften“ vor Ort in Biberach. Sie berichtete von „Blockadeaktionen einiger Demonstranten“, die Stimmung sei „teilweise aggressiv“ gewesen. Die Polizei rief die Bürgerinnen und Bürger auf, den Innenstadtbereich nach Möglichkeit zu meiden.
Der baden-württembergische SPD-Landesvorsitzende Andreas Stoch erklärte, dass die Grünen die Veranstaltung wegen der Proteste absagen mussten, sei ein „absolutes No Go“. „Dissens gehört zu unserer Demokratie, Diskussion auch – nur wer keine Argumente hat, wirft mit Steinen.“ Der Agrarexperte der AfD im baden-württembergischen Landtag, Dennis Klecker, nannte die Absage der Grünen-Veranstaltung ein „Resultat gelebter Demokratie“.
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