Gegen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wird in Berlin kein Ermittlungsverfahren wegen einer Holocaust-Äußerung im Bundeskanzleramt eingeleitet. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte die entsprechenden Entscheidungen der Staatsanwaltschaft im Ergebnis, wie sie am Montag mitteilte. Zwar habe Abbas nach Auffassung der Behörde den Straftatbestand der Volksverhetzung verwirklicht, er genieße aber Immunität – eine Strafverfolgung sei nicht möglich.
Abbas hatte Mitte August 2022 nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt vor Journalisten gesagt, Israel habe seit 1947 „50 Massaker, 50 Holocausts“ in palästinensischen Orten begangen. Die Äußerung sorgte für große Empörung. Auch Scholz verurteilte sie im Nachgang.
Es habe zwei Strafanzeigen gegeben, teilte die Generalstaatsanwaltschaft nun mit. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein, weil sie keinen Anfangsverdacht der Volksverhetzung sah. Dagegen wurden wiederum Beschwerden bei der Generalstaatsanwaltschaft eingelegt. Diese erklärte nun, dass die Beschwerden Erfolg hatten, soweit es um die strafrechtliche Einordnung der Äußerungen gehe.
Nach Einschätzung der Generalstaatsanwaltschaft verharmlosten sie den Holocaust. Die „Situation der palästinensischen Bevölkerung seit der Gründung des Staates Israel ist nicht ansatzweise mit der Lage der jüdischen Bevölkerung Europas unter der Herrschaft der Nationalsozialisten vergleichbar“, hieß es.
Der Vergleich bagatellisiere Quantität und Qualität der Gräueltaten der Nationalsozialisten. Abbas‘ Worte seien auch geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören. Er habe die israelische Politik inhaltlich auf die gleiche Stufe gestellt wie die Maßnahmen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes.
Damit habe er Israels Politik eine solche Verwerflichkeit zugemessen, das sie jeglichen dagegen gerichteten Widerstand legitimieren könne. Die Äußerungen seien somit darauf angelegt gewesen, die Hemmschwelle für Gewalt gegen israelische oder jüdische Einrichtungen herabzusetzen. Allerdings sei es nicht möglich, Abbas deswegen zu verfolgen, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft weiter.
Repräsentanten anderer Staaten, die amtlich eingeladen wurden, genießen Immunität. Zwar habe Deutschland die Palästinensergebiete nicht als Staat anerkannt, führte die Behörde aus. Die Regelung solle aber Kontakte zwischen Völkerrechtssubjekten auf höchster Regierungsebene von den Problemen freihalten, die sich aus einer Strafverfolgung ergäben. Zu diesen Subjekten gehörten auch die Palästinensergebiete.
Die Generalstaatsanwaltschaft habe dazu auch eine Stellungnahme des Auswärtigen Amts eingeholt. Die beiden Anzeigeerstatter könnten aber nach Auffassung der Behörde noch ein Klageerzwingungsverfahren beginnen. So könnten sie eine Entscheidung des Kammergerichts dazu einholen, ob doch noch ein Ermittlungsverfahren gegen Abbas eingeleitet werden müsse.
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