Die zuständige Kammer sah es nach Angaben eines Gerichtssprechers am Freitag als erwiesen an, dass der Mediziner elementare Hygienestandards missachtet und dadurch mehrere behandelte Kinder geschädigt hatte. Die Vierjährige starb an einem verunreinigten Narkosemittel, drei weitere Kinder mussten wegen Blutvergiftungen behandelt werden.
Das Gericht verurteilte den Arzt deshalb wegen Totschlags durch Unterlassen sowie dreifachen versuchten Totschlags durch Unterlassen sowie gefährlicher Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft hatte in dem Verfahren gegen den beim Prozessauftakt im August 67-jährigen Angeklagten auf eine Verurteilung wegen eines Mordes durch Unterlassen plädiert. Die Verteidigung sprach sich dagegen für eine Strafe wegen Körperverletzung mit Todesfolge aus.
Angeklagt war der Fall ursprünglich wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge und gefährlicher Körperverletzung. Während der Beweisaufnahme traten aber neue Erkenntnisse zutage, die das Gericht nach Angaben des Sprechers zu einem sogenannten rechtlichen Hinweis veranlassten. Demnach hielt es von nun an auch eine Verurteilung wegen Totschlags für möglich.
Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Verurteilung wegen Mordes war demnach schon aus juristischen Gründen nicht möglich, weil dem Arzt und der Verteidigung in dem Prozess zuvor kein entsprechender rechtlicher Hinweis erteilt worden war. Das Gericht sah die Voraussetzungen dafür aber auch unabhängig davon nicht als erfüllt an. Mordmerkmale wie das Handeln in Verdeckungsabsicht oder niedrige Beweggründe ließen sich nicht belegen.
Das Geschehen hatte sich vor rund drei Jahren in einer Zahnarztpraxis im hessischen Kronberg zugetragen. Dort spritzte der Anästhesist vier Kindern ein Narkosemittel, das er laut Anklageschrift mehrfach verwendete und das deshalb massiv verunreinigt war. Die Kinder erlitten Blutvergiftungen, die Vierjährige starb. Die anderen drei Kinder mussten in Krankenhäusern behandelt werden, zwei davon lagen auf Intensivstationen.
Das Gericht verhängte am Freitag zudem ein Tätigkeitsverbot gegen den Arzt und sprach den Hinterbliebenen des toten Mädchens und den geschädigten anderen Kindern Schadenersatzansprüche zu. Einen Untersuchungshaftbefehl erließ es nicht. Laut Sprecher verwies die Kammer darauf, dass der auf freiem Fuß befindliche Angeklagte auch zur Urteilsverkündung erschienen sei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Rechtsmittel sind möglich.
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