„Ampel“ streitet vor Treffen mit Wirtschaft weiter über Kurs gegen Konjukturflaute

Vor den separaten Treffen von Bundeskanzler Scholz und Finanzminister Lindner mit Wirtschaftsvertretern streitet die Ampel-Koalition weiter über den richtigen Kurs gegen die Konjunkturschwäche.

SPD-Chefin Saskia Esken nannte am Montag den Zeitpunkt für Lindners Alternativtreffen „kindisch“. FDP-Vize Wolfgang Kubicki dagegen kritisierte Scholz für dessen Treffen und verteidigte Lindners Veranstaltung. Ein Regierungssprecher dämpfte indes die Erwartungen an konkrete Ergebnisse des Gesprächs im Kanzleramt.

Für Dienstag hatte zunächst Scholz Vertreter aus der Wirtschaft zu Beratungen eingeladen. An diesem „Industriegipfel“ im Kanzleramt sollen zudem Gewerkschaften teilnehmen. Lindner beklagte daraufhin, dass er in die Planungen nicht einbezogen worden war und beraumte seinerseits ein Treffen mit Vertretern der Wirtschaft und des Mittelstands im Reichstagsgebäude an. Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr nimmt daran teil. Das Gespräch findet am Dienstagvormittag statt – nur wenige Stunden vor Scholz‘ Treffen.

SPD-Chefin Esken störte sich vor allem an dem Zeitpunkt, den sie am Montag bei RTL und ntv „schon ein bisschen kindisch“ nannte. In der Wirtschafts- und Finanzpolitik forderte sie mehr private Investitionen neben staatlichen Maßnahmen. „Es gibt eine Menge Vermögen, das in Deutschland auf der hohen Kante liegt, derzeit nicht investiert wird“, sagte sie. Esken sprach sich auch weiter für eine Reform der Schuldenbremse aus. „Investitionen, die sich rentieren, die auch über Jahre wirksam werden, die müssen über Schulden, über Kredite finanzierbar werden.“

FDP-Fraktionschef Dürr lehnte Subventionen ab. „Nicht mehr Steuerzahlergeld ist die Lösung, sondern echter Bürokratieabbau und steuerliche Entlastungen“, sagte Dürr im ZDF. Er verteidigte, dass die FDP zu einem eigenen Wirtschaftstreffen eingeladen hat. Es gehe nicht um eine „Parallelveranstaltung“, sagte er. Angesichts der großen Probleme der Wirtschaft sei der FDP aber „die industriepolitische Perspektive für die Großindustrie ein bisschen zu eng.“

Dürrs Parteifreund Kubicki hält Lindners Treffen ebenfalls für berechtigt. „Da es der deutschen Wirtschaft hundsmiserabel geht, macht ein Austausch mit Wirtschaftsvertretern immer Sinn“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Es ist gut, dass die FDP diese Gespräche führt. Wir dürfen das keinesfalls Dilettanten überlassen.“

Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) warf der Bundesregierung mit Blick auf die beiden separaten Treffen „Kindergartenspiele“ vor. „Nein, diese Regierung ist nicht mehr handlungsfähig. Sie ist am Ende“, sagte Merz am Sonntagabend in der ARD. „Da geht leider nichts mehr.“

Die Linken-Chefin Ines Schwerdtner erwartete im Vorfeld der Treffen „Steuergeschenke für die Unternehmen“ statt „Zukunftsinvestitionen und Jobsicherung“. Sie kritisierte die Uneinigkeit in der Regierung. „Jeder Ampel-Minister macht dieser Tage seine eigene Wirtschaftspolitik“, sagte sie.

Von dem Treffen im Kanzleramt erwartet die Regierung keine konkreten Ergebnisse. Es handele sich um „das erste Gespräch in einer Reihe von Gesprächen“, sagte Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin. Daher sei „nicht mit Erklärungen im Anschluss zu rechnen“. Das Gespräch sei außerdem vertraulich. „Natürlich strebt der Bundeskanzler an, da zu Ergebnissen zu kommen“, sagte Büchner.

Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger, formulierte hingegen klare Erwartungen an das Gespräch im Kanzleramt. So sprach sie sich für bessere Rahmenbedingungen für Investitionen aus. Dafür brauche es etwa wettbewerbsfähige Energiepreise, betonte die neue Bundesratspräsidentin am Sonntagabend in der ARD. „Ich hoffe, dass man sich jetzt zusammenrauft. Ich erwarte es ehrlich gesagt auch.“

Auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) bekräftigte ihre Forderung nach niedrigeren Energiekosten. „Eine zentrale Aufgabe für die Politik besteht darin, für die Breite der Unternehmen eine dauerhaft stabile wie wettbewerbsfähige Energieversorgung zu sichern“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der „Rheinischen Post“.
© AFP

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