Streit um Umgang mit Antisemitismus: Berliner Linke verliert prominente Mitglieder

Verbunden mit Kritik an innerparteilichen Debatten etwa zum Thema Antisemitismus haben fünf bekannte Abgeordnete der Berliner Linken ihren Parteiaustritt erklärt.

Zu ihnen gehört auch Berlins ehemaliger Kultursenator Klaus Lederer, wie dieser selbst und die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus  mitteilten. Auch die frühere Integrations- und Arbeitssenatorin Elke Breitenbach sowie die Abgeordneten Carsten Schatz, Sebastian Scheel und Sebastian Schlüsselburg gaben ihre Austritte bekannt.

In einer gemeinsamer Erklärung, die von Lederer am Mittwoch im sozialen Netzwerk Instagram veröffentlicht wurde, begründeten die Politikerinnen und Politikern ihre Entscheidung damit, dass es ihnen „immer weniger möglich“ sei, sich im Berliner Landesverband für „unsere inhaltlichen Positionen und unsere strategischen Orientierungen einzusetzen“. Das hätten sie etwa beim Ringen um eine klare Positionierung gegen Antisemitismus sowie auch bei der Frage der Solidarität mit der von Russland angegriffenen Ukraine erlebt.

Laut eigener Erklärung sind die fünf Abgeordneten des Landesparlaments der Hauptstadt trotz ihres Parteiaustritts weiterhin bereit, „auf Grundlage des von uns getragenen Wahlprogramms“ in der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus mitzuarbeiten. Deren Vorsitzende Anne Helm und Tobias Schulze kündigten am Mittwoch in einer ersten Reaktion einen „Dialog“ innerhalb der Fraktion an. Darin solle geklärt werden, wie diese künftig „gemeinsam“ den ihr von den Berlinern übertragenen Aufgaben gerecht werden könne.

Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus zählt derzeit 21 Mitglieder und ist Teil der Opposition. Bis 2023 regierte die Linke mit einer Koalition mit der SPD und Grünen. Politisch findet sich die Partei bundesweit derzeit in der Defensive. Sie wurde unter anderem durch die Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) geschwächt und verlor bei jüngsten Wahlen massiv.

In der Linken schwelt seit einiger Zeit ein innerparteilicher Konflikt um den Umgang mit Antisemitismus insbesondere vor dem Hintergrund des Kriegs im Nahen Osten. Auf dem Bundesparteitag am vergangenen Wochenende wurde dazu nach intensiven Kompromissverhandlungen ein Konsensantrag verabschiedet, der unter anderem auch einem sofortigen Waffenstillstand fordert.

Der Konsensantrag wird aber intern heftig kritisiert. Bereits am Dienstag erklärte die Linken-Landtagsabgeordnete Henriette Quade aus Sachsen-Anhalt unter Verweis auf den Bundesparteitag ihren Parteiaustritt. Kompromissloser Kampf gegen Antisemitismus sei ihr „in und mit dieser Partei“ nicht mehr möglich. Der Konsensantrag erwähne mit keinem Satz den seit dem Tag der Staatsgründung gegen Israel gerichteten „mörderischen Antisemitismus“.

In Berlin wiederum war es bei einem Landesparteitag vor rund zwei Wochen laut Medienberichten zu einem heftigen Streit um einen Antrag zum Thema Antisemitismus gekommen, der schließlich zurückgezogen wurde. Lederer, Breitenbach und andere bekannten Linken-Vertreter verließen demnach den Saal.

Der Landesvorstand der Berliner Linken bemühte sich anschließend um eine Aufarbeitung. Am Dienstag verabschiedete er nach eigenen Angaben eine Resolution. Darin bekannte er sich zum Schutz von Parteimitgliedern vor internen Anfeindungen und „grenzüberschreitenden Anschuldigungen“. Darüber hinaus kündigte er unter anderem einen Dialog mit jüdischen Gemeinden an.

Lederer, Breitenbach und die anderen Abgeordneten kritisierten die Reaktion des Landesvorstands in ihrer Rücktrittserklärung als ungenügend. Es würden keinerlei Konsequenzen nach den Ereignissen beim Berliner Landesparteitag gezogen. Die längst bis zur Unvereinbarkeit verfestigten Positionen beim Thema Antisemitismus würden nur verbal „umschifft“. Weiteres Engagement in der Linken sei ihnen vor diesen Hintergrund daher momentan „nicht möglich“.

Linken-Bundesgeschäftsführer Janis Ehling bezeichnete den Austritt der fünf bekannten Berliner Abgeordneten als „schmerzlichen Verlust“. Er hoffe, dass diese künftig wieder mit der Linken zusammenarbeiteten. „Die Tür bleibt für die Ausgetretenen offen“, teilte Ehling am Mittwoch in Berlin weiter mit.
© AFP

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