Vor Bundestagsbeschluss weiter Kritik an Abschiebepaket der Ampel-Koalition

Der Bundestag befasst sich in vor allem mit der erleichterten Abschiebung von Geflüchteten und der Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts.

Vor der Bundestagsabstimmung über den Gesetzentwurf der Ampel-Regierung zur schnelleren Abschiebung abgelehnter Asylbewerber hält die Kritik an dem Vorhaben an. Seenotrettungsorganisationen fürchteten am Donnerstag die Verurteilung humanitärer Helfer als Schlepper. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) bezeichnete die vorgesehene Verlängerung der Abschiebehaft auf 28 Tage als unverhältnismäßig.

Das Gesetz „zur Verbesserung der Rückführung“ soll Abschiebehemmnisse beseitigen. „Wir werden dafür sorgen, dass die Menschen ohne Bleiberecht schneller unser Land verlassen müssen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor der Abstimmung am späten Nachmittag. Dies sei auch notwendig, um Kapazitäten für die Menschen zu schaffen, die schutzbedürftig seien und bleiben dürften.

Mit dem Gesetz erhält unter anderem die Polizei deutlich ausgeweitete Befugnisse bei Durchsuchungen bei der Suche nach Ausreisepflichtigen und der Identitätsfeststellung von Betroffenen. Zudem wird die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von zehn auf 28 Tage verlängert, um den Behörden mehr Zeit für Abschiebungen zu geben.

Der Deutsche Anwaltverein bemängelte die Haftausweitung. „Die Haftkriterien in diesem Bereich sind ohnehin schon messerscharf“, erklärte die Organisation. „Die nun zur Debatte stehende Regelung ist kaum noch im Bereich der Verhältnismäßigkeit.“ ,“Wir sind entsetzt, dass flüchtende Menschen und jene, die ihnen humanitäre Unterstützung bieten, in Deutschland mit Haftstrafen bedroht werden“, erklärte die Seenotrettungsorganisation SOS Humanity. „Diese Kriminalisierung von uneigennütziger Hilfe ist ein Skandal und widerspricht unseren demokratischen Grundwerten.“

Der Gesetzentwurf sieht generell die Verschärfung von Strafen für Schleuser vor. Auf Vorschlag der Ampel-Fraktionen soll dies nicht nur gelten, wenn die Betroffenen dies etwa gegen Bezahlung machen, „sondern auch dann, wenn die Schleusungshandlung wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern vorgenommen wird“. Dies wird demnach „auf den Landweg“ beschränkt. Damit ist laut den Ampel-Parteien  „klargestellt, dass die Rettung Schiffbrüchiger nicht vom Anwendungsbereich“ erfasst ist.

Die Flüchtlingsorganisationen verweisen aber auf Rechtsgutachten, die hier Probleme sehen. Demnach wäre zwar die Rettung volljähriger Menschen aus Seenot weiter zulässig, bei unbegleiteten Minderjährigen könnte aber eine Bestrafung drohen. Grund ist, dass das Gesetz die Schleusung Minderjähriger als strafverschärfend einstuft. Im „Tagesspiegel“ sagte der Jurist Aziz Epek, dies sei bei der Erstellung des Gesetzes offenbar übersehen worden.

Obgleich das Rückführungspaket ein ganzes Bündel von Maßnahmen beinhaltet, dürfte dies laut Gesetzentwurf nicht zu einem sprunghaften Anstieg der Abschiebungen führen. Dort wird eine Zahl von 600 zusätzlichen Rückführungen pro Jahr genannt.

Faeser verwies darauf, dass die Abschiebungen schon im vergangenen Jahr durch bisherige Maßnahmen um 27 Prozent auf 16.430 gestiegen sei. Sie erwarte durch das Paket, dass Rückführungen nochmals „sehr stark erleichtert“ würden. Dies werde auch in diesem Jahr für „deutliche Zahlen“ bei den Abschiebungen sorgen.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linken, Katina Schubert, warf der Ampel-Regierung vor, sie mache eine „rechte Migrationspolitik“. Sie erklärte: „Wer die kleine Zahl von tatsächlich ausreisepflichtigen Menschen zum Problem erklärt und ehrenamtliche Seenotrettung kriminalisiert, der betreibt das Geschäft der extremen Rechten.“
© AFP

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