Dort sehe er „dringenden und erheblichen Handlungsbedarf“, sagte Schuster am Montag bei der Vorstellung eines Lageberichts zum Antisemitismus in Deutschland. Die Universitätsleitungen seien in der Verantwortung, ein entsprechendes Klima herzustellen und jüdischen Studierenden und Lehrenden einen „gefahrlosen Aufenthalt“ zu gewährleisten, sagte Schuster.
Zudem kritisierte Schuster, dass Gerichte in Deutschland nicht konsequent genug gegen Antisemitismus vorgingen. „Ich habe die Empfindung, dass die Justiz nicht den ganzen Strafrahmen bei antisemitischen Straftaten ausschöpft“, sagte Schuster.
Vor genau einem Jahr waren bei dem Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas nach israelischen Angaben rund 1205 Menschen getötet worden. Zudem verschleppte die Hamas 251 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. 97 der Geiseln werden weiterhin festgehalten, 34 von ihnen sind nach Einschätzung der israelischen Armee tot.
Infolge des durch den Angriff ausgelösten Krieges im Gazastreifen gab es auch in Deutschland massive anti-israelische Demonstrationen und antisemitische Vorfälle. Laut Schuster waren diese in den vergangenen zwölf Monaten „an der Tagesordnung“. Er sprach von einer „Explosion von antisemitischen Straftaten“. Schuster beklagte nun: „Es gibt kaum einen Anlass, um an eine Verbesserung der Situation zu denken.“
Am ersten Jahrestag des 7. Oktober forderte der Zentralratspräsident auch, dass Antisemitismus klar als solcher benannt wird. „Wer an einem solchen Tag nicht in der Lage ist, wenigstens ein Stück Empathie für Jüdinnen und Juden, für die Menschen Israels zu empfinden, wird es nie tun und hat in meinen Augen ein gewaltiges Problem“, sagte Schuster. „Und wenn wir das in Deutschland nicht klar benennen und erkennen, dass es diese Menschen unter uns gibt, haben wir alle ein gewaltiges Problem.“
Der Lagebericht des Zentralrats zum Thema Antisemitismus hatte in den jüdischen Gemeinden in Deutschland unter anderem eine hohe Zunahme von antisemitischen Vorfällen und weiterhin erhebliche Sorgen um die Sicherheit identifiziert. Viele Jüdinnen und Juden zögen sich daher aus den Gemeinden zurück und zeigten ihren Glauben nicht mehr sichtbar in der Öffentlichkeit. „Die Gemeinden sind am Limit – personell, emotional und organisatorisch“, sagte Schuster. „Das Ergebnis ist in meinen Augen erschütternd.“
Der Geschäftsführer des Zentralrats, Daniel Botmann, kündigte bereits ein „erweitertes Sicherheitsprogramm“ für die Gemeinden an. Zudem müsse der Zentralrat seine Stimme als gesellschaftlicher Akteur weiter erheben und in die Mitte der Gesellschaft tragen. „Wir müssen die Diskussion über den Rückzug der jüdischen Gemeinschaft genau dort führen“, sagte Botmann. „Wenn wir es nicht tun, dann wird es irgendwann kein öffentliches jüdisches Leben mehr in Deutschland geben“, warnte Botmann.
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