Nach Vorstoß von Stark-Watzinger: Debatte über Umgang mit Krieg an Schulen

Nach einem Vorstoß von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat eine Debatte über den Umgang mit Krieg und Krisen an den Schulen begonnen.

Ein Vorstoß von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat am Wochenende eine Debatte über den Umgang mit Krieg und Krisen an den Schulen ausgelöst. Während sich der Deutsche Lehrerverband dafür aussprach, junge Menschen in der Schule auf den Kriegsfall vorzubereiten, nannte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Christine Streichert-Clivot (SPD), den Vorschlag „zu eng gefasst“.

Kinder und Jugendliche müssten „insgesamt breiter auf die Zukunft vorbereitet werden“, sagte Streichert-Clivot den Funke-Zeitungen vom Wochenende. „Wenn uns etwas die letzten Jahre gelehrt haben, dann, dass es nicht mehr die eine Krise gibt, auf die wir uns vorbereiten können und müssen“, führte die saarländische Bildungsministerin aus und nannte „Pandemien, Kriege, Naturkatastrophen, Klimawandel, tiefgreifende Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft“ als Beispiele.

Stark-Watzinger hatte vorgeschlagen, an den Schulen unter anderem Zivilschutzübungen abzuhalten und ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu entwickeln. Sie regte an, „dass Jugendoffiziere in die Schulen kommen und berichten, was die Bundeswehr für unsere Sicherheit tut“. Die Gesellschaft müsse sich „insgesamt gut auf Krisen vorbereiten – von einer Pandemie über Naturkatastrophen bis zum Krieg“, sagte Stark-Watzinger den Funke-Zeitungen.

Sie appellierte auch an die Hochschulen, sich für militärische Forschung zu öffnen. „Manche Hochschulen haben sich eine Zivilklausel gegeben, die militärische Forschung verhindern soll“, sagte sie. Das werde „unseren nationalen Sicherheitsinteressen und dem Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten nicht mehr gerecht.“

Der Vorsitzende des Lehrerverbands, Stefan Düll, nannte Stark-Watzingers Vorschlag zu den Schulen in der „Bild am Sonntag“ sinnvoll. „Ich erwarte von der Bundesministerin, dass sie jetzt das Gespräch mit den Bildungsministern in den Bundesländern sucht“, sagte Düll. „Eine Absichtserklärung reicht nicht, jetzt muss im Politik-Unterricht zum Ukraine-Krieg und zur gesamteuropäischen, ja globalen Bedrohungslage gelehrt werden.“

Dabei seien Jugendoffiziere eine „sinnvolle Unterstützung“, weil sie „vertrauenswürdige Absender sind, um für die Schüler eine Kriegsbedrohung einzuordnen“, sagte Düll weiter. Sie könnten für „Inhalte für den Politikunterricht und das fächerübergreifende Ziel der Demokratie- und Friedenserziehung“ zum Einsatz kommen.

In Deutschland gebe es zu wenig Wissen über die Bundeswehr, sagte Düll. „Viel zu lange herrschte eine Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung. Der Ukraine-Krieg schafft ein neues Bewusstsein für militärische Bedrohung, das auch an Schulen vermittelt werden muss.“

Weitere Bildungspolitikerinnen und -politiker in Bund und Ländern äußerten sich dagegen kritisch. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sagte der „Bild am Sonntag“: „Es hilft nicht, der Bevölkerung und insbesondere Kindern und Jugendlichen Angst zu machen. Es ist Aufgabe des Bundes, sich um Fragen des Zivilschutzes und der äußeren Sicherheit zu sorgen. Das ist ein Thema, das sensibel und mit großer Ernsthaftigkeit diskutiert werden muss.“

Der bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Jarzombek (CDU), sagte: „Wir müssen unsere Kinder schultüchtig machen und nicht kriegstüchtig. Jedes vierte Kind lernt in der Grundschule nicht richtig lesen und schreiben – da müssen wir ran.“ Die Ministerin tue hier zu wenig „und lenkt mit solchen Forderungen von den eigentlichen Problemen ab“. Es gehe darum, die Bundeswehr wieder wehrfähig zu machen und die Munitionsherstellung in den Griff zu bekommen. „Panik an den Schulen zu verbreiten hilft dabei nicht“, sagte Jarzombek.

Der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Bundestag, Kai Gehring (Grüne), sagte: „Die Zeitenwende wirft viele neue friedens- und sicherheitspolitische Fragen auf, dennoch irritieren einzelne weitreichende Aussagen der Bildungsministerin“. Angesichts der „Misere“ der Pisa-Studien solle sich Stark-Watzinger „in erster Linie zur Aufgabe machen, beherzt die zentralen Herausforderungen für unser Bildungssystem anzupacken“.
© AFP

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