Ein „Ruck“ für Thüringen: CDU, SPD und BSW präsentieren Koalitionsvertrag

Knapp drei Monate nach der Landtagswahl in Thüringen haben die CDU, das BSW und die SPD ihren gemeinsam ausgehandelten Entwurf für den Koalitionsvertrag präsentiert.

CDU-Chef Mario Voigt, der Ministerpräsident werden will, sprach von einem „Fundament für eine neue, handlungsfähige Regierung“. Die Gremien der Parteien müssen dem Koalitionsvertrag nun noch zustimmen.

Voigt sagte bei der Vorstellung des Papiers in Erfurt, dies sei ein „guter Tag für Thüringen“. Alle drei Parteien seien gewillt, Verantwortung zu übernehmen. Thüringen solle „durch einen Ruck geprägt sein“, das sei gemeinsames Ziel, sagte Voigt. Ein ähnlicher Satz findet sich im Koalitionsvertrag.

Thüringens SPD-Chef Georg Maier betonte, es sei „natürlich ein Papier des Kompromisses“, das aber die Handschrift von jeder der drei Parteien trage. Es gelte jetzt, „zeitnah“ eine handlungsfähige Regierung zu bilden.

Auch BSW-Landeschefin Katja Wolf sagte, ungeachtet ihrer Unterschiede hätten die drei Partner es geschafft, einen „wirklich guten Koalitionsvertrag auf den Tisch zu packen“. Auch beim lange umstrittenen Thema Frieden seien Kompromisse gefunden worden.

Der Einigung knapp drei Monate nach der Landtagswahl war ein Streit insbesondere um Formulierungen zu friedenspolitischen Positionen vorausgegangen. Die BSW-Bundesspitze um Parteigründerin Wagenknecht hielt die zunächst gefundenen Formulierungen etwa zu einer möglichen Stationierung von US-Raketen in Deutschland für unzureichend, woraufhin die Gespräche zwischenzeitlich ins Stocken gerieten.

Mit dem nun ausgehandelten Papier zeigte sich die Bundesspitze um Wagenknecht zufrieden. Die BSW-Handschrift sei „klar erkennbar“. Die drei Thüringer Parteien bekräftigen, dass sie der „Wille zum Frieden in Europa“ eine und sie diplomatische Bemühungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs unterstützen. CDU und SPD bekennen sich zudem klar zur Westbindung und Ostpolitik hervorheben, das BSW macht sich „für einen kompromisslosen Friedenskurs“ stark.

Zur Raketenstationierung heißt es nun, dass die Parteien dies „ohne deutsche Mitsprache“ kritisch sehen. Weitere Schwerpunkte sind die Begrenzung der Migration, eine Bekämpfung des Unterrichtsausfalls an Schulen, verpflichtende Sprachtests für Vorschulkinder und die Einstellung von 1500 neuen Polizisten.

Voigt zeigte sich optimistisch, dass der Koalitionsvertrag die Zustimmung der drei Parteien finden wird. Während die CDU einem kleinen Parteitag plant, stellt das BSW das Papier am 7. Dezember auf einem Parteitag zur Abstimmung. Die SPD befragt bis zum 9. Dezember ihre Mitglieder. Wenn alle drei Parteien zustimmen, übernimmt das BSW erstmals in Deutschland Regierungsverantwortung.

Ein Termin für die Wahl des neuen Thüringer Ministerpräsidenten steht noch nicht fest. Die CDU soll neben dem Ministerpräsidenten vier Ministerien erhalten. Das BSW verantwortet drei Ressorts, die SPD bekommt zwei Ministerien. Über die Verteilung wird noch verhandelt.

Die Spitzen von CDU, BSW und SPD schlossen die Arbeiten an dem Papier zu Beginn dieser Woche bei einer Klausurtagung ab. Nach der Wahl am 1. September hatten die drei Parteien nach Sondierungsgesprächen Ende Oktober Koalitionsverhandlungen aufgenommen.

Die AfD hatte die Landtagswahl gewonnen. Ein Bündnis mit der AfD schließen alle anderen im neuen Landtag vertretenen Parteien aus. Der von CDU, BSW und SPD geplanten Koalition fehlt im Parlament eine Stimme zur Mehrheit. Sie muss sich daher Unterstützung bei der Linkspartei suchen. Es werde „keine Zusammenarbeit“ und auch „keine wechselnden Mehrheiten mit der AfD geben“, stellte SPD-Chef Maier noch einmal klar.

Ähnlich wie in Sachsen, wo eine solche Dreierkonstellation nicht zustande kam und CDU und SPD nun eine Minderheitsregierung bilden wollen, soll es in Thüringen bei der Suche nach Mehrheiten eine Art Konsultationsverfahren geben. Dabei sollen die Abgeordneten und vor allem die Linkspartei frühzeitig in Gesetzesinitiativen der Regierung eingebunden werden.

Die Linke übte Kritik an dem Papier. Ein wirklich neuer Ansatz für die versprochene neue politische Kultur sei es nicht, erklärte Partei- und Fraktionschef Christian Schaft. Die Vorhaben in der Migrationspolitik seien mit der Linken auch nicht zu machen.
© AFP

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