Eigenanteile für Pflege im Heim erneut gestiegen

Die Eigenanteile für Menschen in Pflegeheimen sind erneut gestiegen.

Die Eigenanteile für Menschen in Pflegeheimen sind erneut gestiegen. Wie eine am Mittwoch veröffentlichte Auswertung des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) ergab, müssen Pflegebedürftige für das erste Aufenthaltsjahr derzeit durchschnittlich 2871 Euro pro Monat selbst bezahlen. Das sind 211 Euro mehr als ein Jahr zuvor. Sowohl der Verband als auch Patienten- und Verbraucherschützer forderten die Ampel-Regierung zum Gegensteuern auf.

Für das zweite Jahr in der Pflegeeinrichtung stieg die monatliche Zuzahlung der Auswertung zufolge um 233 auf aktuell 2620 Euro. Im dritten Aufenthaltsjahr müssen 2284 Euro selbst gezahlt werden – 169 Euro mehr als im Vorjahr, im vierten 1865 Euro und damit 91 Euro mehr.

Dass die Eigenbeteiligung mit zunehmender Aufenthaltsdauer im Pflegeheim geringer wird, ist durch die Zuschüsse der Pflegekasse begründet – diese steigen mit der Pflegedauer an. Die von den Pflegebedürftigen zu tragende Zuzahlung besteht aus Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Investition und das Pflegepersonal.

„Die finanzielle Eigenbeteiligung für Pflegebedürftige in Pflegeheimen steigt weiter an“, erklärte vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner. „Dass diese so hoch ist, liegt auch daran, dass die Länder ihre Verantwortung ignorieren.“ Elsner betonte: „Allein die Übernahme der Investitionskosten, wie gesetzlich vorgesehen, würde Heimbewohnerinnen und -bewohner um durchschnittlich 490 Euro im Monat entlasten.“

Auch sei es Aufgabe des Staates, die Ausbildungskosten des Pflegepersonals zu übernehmen. Dies müsse im Rahmen der von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)angekündigten Pflegereform eingelöst werden, forderte die Chefin des vdek. Dieser vertritt die sechs deutschen Ersatzkassen, darunter die Techniker Krankenkasse und die Barmer.

„Die Eigenanteile bei den Pflegekosten schießen weiter in die Höhe“, kommentierte Michaela Schröder vom Verbraucherzentrale Bundesverband die Auswertung. „Pflegebedürftige haben reale Existenzängste.“ Es sei gut, dass die Bundesregierung eine Pflegereform noch in dieser Legislaturperiode angekündigt habe. „Die Finanzierungslücke der sozialen Pflegeversicherung zu stopfen, ist aber noch keine Reform.“

Die Bundesregierung müsse das gesamte finanzielle Risiko einer Pflegebedürftigkeit in den Blick nehmen, forderte Schröder. „Menschen müssen darauf vertrauen können, dass der Staat sie im Fall eine Pflegebedürftigkeit nicht allein lässt. Pflegebedürftigkeit darf kein Armutsrisiko sein.“

Patientenschützer forderten Bund und Länder ebenfalls zum Gegensteuern auf. Der Eigenanteil für die reine Pflege müsse gedeckelt werden, mahnte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Zudem müsse das Pflegegeld für die Versorgung von Pflegebedürftigen durch Angehörige erhöht und dynamisiert werden. „Gelingt das der Ampel-Koalition nicht, bleibt die Pflegeversicherung Flickschusterei.“

Aber auch die Bundesländer sieht Brysch „in der Pflicht“: Diese müssten die Ausbildungs- und Investitionskosten – zwei Komponenten der Pflegeheimkosten – übernehmen.

„Ein sofortiges Umsteuern in der Finanzierung der Pflege“ forderte der Linken-Politiker Ates Gürpinar. Notwendig sei „eine solidarisch finanzierte Pflegevollversicherung, die alle pflegebedingten Kosten übernimmt und in die alle gemeinsam einzahlen“. Die Bundesregierung sieht Gürpinar, Sprecher für Pflegepolitik der Linken im Bundestag, bei der Pflegeversicherung als „komplett gescheitert“ an.
© AFP

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