Ein Jahr nach dem Messerangriff mit zwei Toten in einem Regionalzug bei Brokstedt in Schleswig-Holstein hat die Kieler Landesregierung gemeinsam mit Hinterbliebenen der Opfer und Vertretern der Lokalpolitik der Tat gedacht. „Es ist unsere Pflicht, aus diesem schrecklichen Ereignis zu lernen“, erklärte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Donnerstag zur Gedenkveranstaltung in Brokstedt. Die Messerattacke habe das Land nachhaltig erschüttert.
Ein 34-Jähriger hatte am 25. Januar 2023 in einem Regionalzug während der Fahrt von Kiel nach Hamburg mit einem Messer auf Mitreisende eingestochen. Eine 17-Jährige und ihr zwei Jahre älterer Freund starben, vier weitere Menschen wurden teils lebensgefährlich verletzt. Passagiere überwältigten den Täter, der anschließend festgenommen wurde. Der staatenlose Ibrahim A. steht seit Juli wegen Mordes und versuchten Mordes vor Gericht.
„Wir wollen die Menschen möglichst gut vor einer solchen Tat schützen und unsere Gesellschaft sicherer machen“, erklärte Günther. Erste Maßnahmen seien auf den Weg gebracht worden, aber ein schmerzhafter Lernprozess daure an.
Die Gedenkveranstaltung bestand aus einer Kranzniederlegung an einem am Bahnhof von Brokstedt errichteten Gedenkstein sowie einem Gottesdienst in einer Kirche in Brokstedt. Auch Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) und Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) nahmen daran teil.
Brokstedts Bürgermeister Clemens Preine (CDU) forderte weitere Maßnahmen zur Verhinderung ähnlicher Taten. „Die Geschehnisse vor einem Jahr werden wir nie vergessen“, fügte er anlässlich der Gedenkveranstaltung an, bei der auch der Vater der getöteten 17-Jährigen sprechen sollte. Das Leben zweier junger Menschen sei durch eine sinnlose Tat „ausgelöscht“ worden.
Die Attacke von Brokstedt hatte unter anderem ein Debatte um Sicherheit im Bahnverkehr sowie den Umgang mit verhaltensauffälligen Strafgefangenen und straffälligen Migranten ausgelöst. A. war polizeibekannt und wegen einiger eher kleiner Delikte vorbestraft. Wenige Tage vor der Tat wurde er in Hamburg aus etwa einjährigen Untersuchungshaft entlassen und galt als wohnungslos.
Während der Untersuchungshaftzeit in Hamburg kam es laut Behörden zu Konflikten mit dem als aggressiv und auffällig geltenden Mann. In A.s Fall gab es demnach auch Kommunikationspannen zwischen den auf Bundes- sowie Landesebene für ihn zuständigen Behörden – so etwa mit Blick auf eine mögliche Aufenthaltsbeendigung. A. war 2014 als Flüchtling nach Deutschland gekommen und hielt sich seitdem als Schutzsuchender legal hier auf.
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