NRW setzt Kampf gegen Wohnungslosigkeit fort

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat am Donnerstag, 13. Juli 2023, die Wohnungslosenstatistik für das Jahr 2022 vorgelegt.

Düsseldorf – Demnach ist die Zahl der Menschen ohne eigene Wohnung in Nordrhein-Westfalen auf einen neuen Höchststand gestiegen. Laut Wohnungslosenstatistik waren zum Stichtag 30. Juni 2022 insgesamt 78.350 Menschen wohnungslos. Das sind etwa 30.000 (beziehungsweise 62,3 Prozent) mehr wohnungslose Personen als im Vorjahr. Ursächlich für den starken Zuwachs ist nach einhelliger Einschätzung aller an der Wohnungslosenstatistik Beteiligten (Ministerium, kommunale Stellen und Wissenschaft) der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die daraus resultierende Fluchtbewegung von ukrainischen Menschen nach Nordrhein-Westfalen. Viele Geflüchtete aus der Ukraine kommen in Landesunterkünften, kommunalen Unterkünften oder privat unter und werden dennoch in die Statistik aufgenommen. 2021 war zuvor das erste Jahr seit zehn Jahren, in dem die Anzahl der wohnungslosen Menschen nicht weiter gestiegen war.

„Auch wenn klar ist, warum die Zahl der Wohnungslosen so stark angestiegen ist, muss sie uns natürlich zu denken geben. Wohnungslosigkeit ist für mich nach Hunger die schlimmste Form von Armut. Wohnungslosigkeit ist in einer von Wohlstand geprägten Gesellschaft wie der unseren nur schwer auszuhalten. Dennoch müssen wir differenzieren: Wohnungslose Menschen leben in der Regel nicht auf der Straße. Mit der Wohnungslosenstatistik erfassen wir die Menschen, die keine eigene Wohnung haben. Diese Menschen sind in Notunterkünften untergebracht oder wohnen ohne eigenen Mietvertrag in von den Kommunen zur Verfügung gestellten Wohnungen, in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe oder auch bei Bekannten”, erklärt Sozialminister Karl-Josef Laumann.

Nordrhein-Westfalen sei und bleibe solidarisch mit der Ukraine und den Menschen, die vor Russlands verbrecherischem und völkerrechtswidrigem Krieg fliehen. 2022 habe man mehr als 200.000 Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen, so Laumann. Die ukrainischen Geflüchteten sind aufgrund ihres Status nicht verpflichtet, in Landesunterkünften oder kommunalen Unterkünften zu wohnen und können auch privat unterkommen. Gleichwohl sind in vielen Fällen Landesunterkünfte oder kommunal zur Verfügung gestellte Unterbringungen die erste Anlaufstelle.

„Dass sich unter diesen Vorzeichen ein erheblicher Zuwachs in der Statistik zeigt, ist nicht verwunderlich. Dennoch steht fest: Jeder Mensch ohne eigene Wohnung ist einer zu viel. Das Schicksal jedes Einzelnen berührt mich. Die Zahlen machen deutlich, dass wir unsere erfolgreiche Landesinitiative gegen Wohnungslosigkeit „Endlich ein ZUHAUSE!“ und die Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft konsequent fortsetzen müssen, um auch die aus dem Krieg in der Ukraine resultierenden Entwicklungen ein Stück weit aufzufangen. Daher haben wir für das Jahr 2023 die Förderung nochmals um rund 1,66 Millionen Euro auf 15,66 Millionen Euro erhöht”, sagt Laumann.

Mit der im Jahr 2019 von Laumann gestarteten Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“ unterstützt das Ministerium die Kommunen und freien Träger der Wohnungslosenhilfe bei ihrer Aufgabe, sich um wohnungslose Menschen zu kümmern. Dafür sind die Fördermittel zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit erheblich aufgestockt worden: von 1,85 Millionen Euro im Jahr 2018, 7,1 Millionen Euro im Jahr 2020 und rund 14 Millionen Euro im Jahr 2022 auf nunmehr 15,66 Millionen Euro im Jahr 2023.

Ein zentraler Baustein der Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“ sind die sogenannten „Kümmerer”-Projekte, die seit letztem Jahr in ganz Nordrhein-Westfalen finanziert werden können. In diesen Projekten kümmern sich Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Immobilienfachleute darum, dass wohnungslose Menschen wieder eine feste Bleibe bekommen. Gleichzeitig helfen sie, drohende Wohnungsverluste durch frühzeitige Beratung zu vermeiden. Bis heute haben mehr als 7.600 wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen durch die Landesinitiative ein neues Zuhause gefunden, darunter waren 1.382 Familien mit Kindern und 331 Menschen, die zuvor auf der Straße gelebt hatten.

Für die Wohnungslosenstatistik im kommenden Jahr ist eingeplant, dass zusätzliche Merkmale wie Nationalität/Herkunftsland, Fluchthintergrund und Schutzstatus miterhoben werden.

Weitere Informationen zur Wohnungslosenstatistik 2022

  • Etwas mehr als die Hälfte der erfassten wohnungslosen Personen war im Jahr 2022 männlich (56,8 Prozent). Damit ist der Anteil der männlichen Wohnungslosen gegenüber den Vorjahren noch einmal deutlich gesunken (2021: 65,0 Prozent und 2020: 65,4 Prozent). Dies dürfte allerdings auch damit zusammenhängen, dass die 74,1 Prozent der erwachsenen Geflüchteten aus der Ukraine Frauen sind.
  • Etwa ein Viertel der erfassten Wohnungslosen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (2022: 27,1 Prozent, 2021: 22,2 Prozent, 2020: 21,9 Prozent und 2019: 20,2 Prozent). In der Regel sind sie als Angehörige eines Mehrpersonenhaushalts zusammen mit ihren Eltern untergebracht.
  • Zwei Drittel der erfassten erwachsenen wohnungslosen Personen hatte eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit. (2022: 66,2 Prozent, 2021: 49,6 Prozent, 2020: 49,9 Prozent und 2019: 49,4 Prozent).
  • Wohnungslosigkeit ist in den (Groß-)Städten stärker verbreitet als in den Landkreisen. Zum einen ist in vielen (Groß-)Städten der Wohnungsmarkt sehr angespannt. Zum anderen bieten (Groß-)Städte in der Regel ein größeres und vielseitigeres Angebot von Hilfseinrichtungen und Unterkunftsmöglichkeiten, was für wohnungslose Menschen aus ländlichen Gebieten attraktiv sein kann.
  • Zahlen zu den Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen finden sich im Anhang der Wohnungslosenstatistik.
  • Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen hatten zum Stichtag 30. Juni 2022 insgesamt 63.555 wohnungslose Personen in Normalwohnungen, Obdachlosenunterkünften oder ähnlichen Einrichtungen untergebracht. Die freien Träger der Wohnungslosenhilfe haben für diesen Stichtag insgesamt 14.795 wohnungslose Personen gemeldet, die sie entweder in ihren Einrichtungen aufgenommen haben, oder die von den freien Trägern ambulant betreut wurden, während sie vorübergehend bei Bekannten bzw. in anderen Provisorien untergekommen sind oder auf der Straße leben.
  • Im Jahr 2021 war die Zahl der wohnungslosen Menschen (48.285) erstmals rückläufig im Vergleich zum Vorjahr (minus 3,4 Prozent). Zuvor war sie seit Einführung der Statistik durchgehend gestiegen. Den starken Anstieg insbesondere ab dem Jahr 2015 führten die Kommunen vor allem darauf zurück, dass vermehrt anerkannte Asylbewerberinnen und Asylbewerber bzw. Personen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus zunächst weiter in den Aufnahmeeinrichtungen der Kommunen lebten, bis sie eine reguläre Wohnung gefunden haben. Ab dem Zeitpunkt ihrer Anerkennung werden sie von der Statistik als offiziell wohnungslos erfasst, solange sie keine reguläre Wohnung haben.
  • Die Wohnungslosenstatistik ist erstmals für das Jahr 2011 eingeführt worden.
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