Krefeld – Als Mitbegründer und langjähriger Vorsitzender des Krefelder Kulturrats und seit 25 Jahren Vorsitzender der Theaterfreunde, wurde Heinrich Rungelrath am Montagabend im Historischen Ratssaal mit dem Stadtsiegel geehrt. Oberbürgermeister Frank Meyer würdigte ihn als „starke und klare Stimme“ der Krefelder Kultur. Gemeinsam mit seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern habe Heinrich Rungelrath den Kulturrat zur „unverzichtbaren Institution“ ausgebaut und mit diesem „Krefelder Modell“ auch überregional für Aufmerksamkeit gesorgt. Bei den Theaterfreunden sei er „drauf und dran, eine Ära zu prägen“.
Im voll besetzten Saal begegnete man vielen Akteuren der städtischen und freien Kulturszene. Allein aus der Führungsriege des Theaters waren Generalintendant Michael Grosse, Generalmusikdirektor Mihkel Kütson, Operndirektor Andreas Wendholz, Ballettdirektor Robert North und Geschäftsführer Frank Baumann erschienen. Auch frühere Wegbegleiter wie der ehemalige Leiter der Musikschule, Ralph Schürmanns, und der ehemalige Leiter des Kulturbüros, Jürgen SauerlandFreer, waren der Einladung gefolgt. Im musikalischen Höhepunkt des Abends besangen Susanne Seefing, Gabriella Kuhn und Antonia Busse den frisch gebackenen Stadtsiegelträger mit einem umgedichteten Lied aus der Produktion „Bargeflüster“, das sonst Hollywood-Schauspieler Brad Pitt gewidmet ist.
Heinrich „Heinz“ Rungelrath wurde 1950 in Hüls geboren und entdeckte schon als Kind seinen Hang zur Bühne. Auf Familienfeiern hielt er die Karnevalsreden des Vaters, im Hinterhof spielte er mit einem Freund gegen fünf Pfennig Eintritt Kasperletheater. Doch statt einer Karriere als Künstler oder einer Laufbahn als Betriebswirt, die sich nach dem Abitur an der Kaufmannsschule angeboten hätten, studierte Heinrich Rungelrath Jura in Köln. Seine Karriere führte vom Amtsgericht Krefeld nach einer Zeit als Präsidialrichter am hiesigen Landgericht bis zum Oberlandesgericht Düsseldorf, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2015 für Arzthaftung und Anwaltsregresse zuständig war.
Diese Mixtur aus juristischer Logik und feingeistiger Kulturliebe ließ ihn, wie der Oberbürgermeister darlegte, zur „Idealbesetzung“ für seine Rolle werden. „Zum einen sind Sie durch und durch kulturell geprägt, leidenschaftlicher Theatergänger seit früher Jugend, glühender Verehrer der Künste und zugleich kritischer Geist. Zum anderen waren Sie beruflich als Richter tätig, beherrschen das strukturierte Denken, die Rationalität und den ordnenden Durchblick – all dies wussten Sie über die Jahre gekonnt im Sinne der Kultur einzusetzen.“ Hinzu kam, wie Frank Meyer betonte, eine weitere Begabung: „Wer eine starke Stimme sein möchte, muss auch die Gabe der Rede mitbringen und die Bereitschaft, öffentlich Stellung zu beziehen.“
Heinrich Rungelraths enge Beziehung zum Theater Krefeld und Mönchengladbach begann in den 1990er-Jahren mit Statistenauftritten unter Intendant Jens Pesel. Zunächst standen seine drei Kinder in kleinen Rollen auf der Bühne, dann der Vater selbst. Er spielte in „City of Angels“, „Cole Porter“ und „Maria Stuart“, übernahm zum Teil sogar kleine Sprechrollen. 1999 wurde er Vorsitzender der Theaterfreunde und verdoppelte die Zahl der Mitglieder auf zwischenzeitlich fast 500 Personen. Der Förderverein unterstützt einzelne Produktionen ebenso wie Auslandsreisen des Ensembles und herausragende Projekte wie das Opernstudio: Mit einem Förderpreis für junge Künstlerinnen und Künstler wurde zudem ein Anreiz für den Nachwuchs geschaffen. „Dass die Stimme der Kunst zur Not auch laut und eindringlich erschallen kann, bewiesen die Theaterfreunde unter Führung ihres Vorsitzenden vor rund 15 Jahren, als der Sparhammer kurzfristig über dem Haus kreiste“, rief der Oberbürgermeister in Erinnerung. „Da wurde aus dem Richter Rungelrath der Revoluzzer, der – natürlich stets gesetzestreu – eine Kundgebung gegen geplante Kürzungen organisierte und am Ende mit dem Protest Erfolg hatte.“
Diese Ereignisse bildeten womöglich die Initialzündung für die spätere Gründung des Kulturrats. „Der Grundgedanke war, endlich als Einheit aufzutreten und die Stärke der Krefelder Kultur zum Ausdruck zu bringen“, so Frank Meyer weiter. „Heinz Rungelrath hängte sich dafür tagelang ans Telefon – danach stand das gemeinsame Motto von freien Kulturträgern und ehrenamtlichen Fördervereinen fest. Es lautete: ‚Wir brauchen uns‘.“ Heute sind 33 Vereine und Initiativen Mitglied im Kulturrat, sie repräsentieren tausende von Mitgliedern und zehntausende von Besucherinnen und Besuchern der Einrichtungen: „Sie bilden eine starke Stimme, die niemand ignorieren kann“, betonte der Oberbürgermeister.
Wie der Kulturrat hier in Krefeld innerhalb weniger Jahre zum wichtigen „Player“ wurde, sorgte bald auch überregional für Aufmerksamkeit. Als „Krefelder Modell“ stellte Heinrich Rungelrath die Strategie auch überregional vor, im Kreis illustrer Referenten wie der ehemaligen Staatsministerin für Kultur, Professorin Monika Grütters. Dieses Modell beinhaltet unter anderem die beratende Mitgliedschaft im Kultur- und Denkmalausschuss, die Organisation politischer Podiumsdiskussionen und Begegnungsformate mit Vertretern von Politik und Wirtschaft. Selbst bei der Vergabe städtischer Fördermittel aus dem Kulturhilfsfonds saß der Kulturrat in Person von Heinrich Rungelrath mit am Tisch. Große Aufmerksamkeit erreichte zudem die Initiative „Kultur trifft Sport“ von Kulturrat und Stadtsportbund: In verschiedenen Formaten, vom Talkabend im Theater über den Kulturlauf rund um Burg Linn bis zur aufwändigen Bühnenshow in der Kufa, werden Kultur und Sport als Säulen des Stadtlebens und wichtige Standortfaktoren präsentiert.
„Krefeld definiert sich als Kulturstadt, und das ist aus meiner Sicht genau richtig“, stellte der Oberbürgermeister klar. „Kultur bringt unsere Stadt – neben dem Sport – auf die Landkarte. Kultur schafft Identifikation. Kultur lässt kreative Räume entstehen, von denen die ganze Stadt profitiert. Kultur erzeugt Gemeinschaft. Kultur steht für ein Klima der Offenheit. Kultur befördert konstruktiven Diskurs. Kultur macht das Stadtleben reich und vielfältig. Wenn wir Oberzentrum sein möchten, dann muss sich das auch in unserem Selbstverständnis als kultureller Leuchtturm am Niederrhein spiegeln – und dafür braucht es Rahmenbedingungen, unter denen sich Kultur entfalten kann.“ Und weiter, an Heinrich Rungelrath gewandt: „Ich danke Ihnen sehr für Ihren Einsatz im Sinne des Reichtums, der Vielfalt und der Sichtbarkeit der Kultur in unserer Stadt und freue mich, Ihnen nun diese hohe städtische Auszeichnung zu überreichen.“
Der auf diese Weise Geehrte dankte dem Oberbürgermeister und dem Stadtrat für die Verleihung des Stadtsiegels, vielen Wegbegleitern der vergangenen Jahrzehnte, seiner Frau Elisabeth „Lieschen“ Rungelrath und seiner ganzen Familie. Er schloss mit einem kämpferischen Bekenntnis für den Wert der Kultur in Krefeld und einer markanten Aussage: „Eine Stadt ohne Kultur ist ein Kaff.“