Bekannte und unbekannte Burgen in Krefeld

Von dem mittelalterlichen Stadtkern Krefelds ist heute bis auf den Großteil des Grundrisses in der Innenstadt und wenigen archäologischen Fundstellen im Boden nichts mehr erhalten.

Krefeld – Als letztes Bauwerk überdauerte der spätmittelalterliche Turm der Alten Kirche (1472) noch den Zweiten Weltkrieg. Er brach im April 1951 aufgrund von Kriegsschäden in sich zusammen. Eine offene Frage ist es, ob innerhalb der Stadt eine „Burg“ oder ein „Festes Haus“ existierte. Eine historische Quelle, die über eine solche Anlage berichtet, ist zwar nicht bekannt. Es existiert allerdings ein Manuskript mit dem Titel „Spätmittelalterliche Funde in Crefeld im Sommer 1876″ mit Indizien auf solch ein Gebäude. In und um den Stadtkern sowie in den Stadtteilen sind mindestens 16 Burganlagen bekannt beziehungsweise nachweisbar.

Wallburg auf dem Hülser Berg

Zumeist existieren von den Burganlagen nur noch Flurnamen wie „An der Alten Burg“ in Hüls oder „An der Puppenburg“ in Stratum, wo der Mottenhügel kaum noch zu erkennen ist. Über die Geschichte und ihre Besitzer der „Puppenburg“ ist nichts Sicheres bekannt, obwohl die archäologisch nachgewiesenen Nutzungsspuren bis in das 17. Jahrhundert reichen. Burgen in Oppum und Fischeln sind lediglich aus schriftlichen Quellen, Landkarten oder mündlichen Überlieferungen bekannt. Andere blieben als Bodendenkmal erhalten. Ein gutes und auch sichtbares Beispiel stellt die eisenzeitliche Wallburg auf dem Hülser Berg dar. Sie ist die wohl älteste, bekannte Befestigungsanlage in Krefeld und stammt aus dem vierten oder dritten Jahrhundert vor Christus – eine einzigartige Anlage am Niederrhein.

Die Burganlage ist leicht im Wald zu entdecken. Ein Weg zwischen Aussichtsturm und Eremitenquelle durchschneidet die Wälle. Die Gräben an der südlichen Spitze der eiszeitlichen Endmoräne sind gut zu erkennen. Der innere und größere Graben soll bis zu acht Meter breit und zwei Meter tief gewesen sein. Die gut 3,50 Meter hohe „Mauer“ bestand wohl aus zwei Holzpalisaden, deren Zwischenraum mit Erde angefüllt war. In ihrer Ausdehnung ist die Burg an der weitesten Stelle fast 300 Meter breit. Archäologische Funde aus dem Inneren des Burggeländes sind spärlich. Zwischen 1908 bis 1912 sind bei Grabungen mehrere Abfallgruben mit Resten von Webgewichten und Gefäßscherben gefunden worden. Diese Funde sprechen immerhin für eine zeitweise Bewohnung. In unmittelbarer Nähe des Bergs sind zudem Spuren einer zur älteren Eisenzeit gegründeten Siedlung entdeckt worden. Südlich davon liegt ein Gräberfeld. Durch Feldarbeiten wurden weitere Gräber angeschnitten, wobei auch die Reste einer Glasperlenkette ans Tageslicht gelangten. Mehr ist über die Bewohner der Wallburg und ihren Zweck nicht bekannt, vielleicht diente sie auch als Fluchtburg.

Kleine Motte im Sollbrüggen-Park

Die Burg in der Rheinstadt Uerdingen wurde als Stadtsitz und Landesburg des Kölner Erzbischofs errichtet, dem geistlichen Herrscher von Kurköln. Nachdem das erste, auf einer Rheininsel gelegene Uerdingen durch mehrere Hochwasser um 1270/1280 zerstört worden ist, wurde das neue Uerdingen an heutiger Stelle geplant und aufgebaut. Die Burganlage grenzt im Süden unmittelbar an die Stadtmauer. Zentral befand sich ein Wohnturm samt Wehrgang, der nach umfassenden Umbauten heute ein privates Wohnhaus im klassizistischen Stil ist. Das schmucke Haus Sollbrüggen an der Uerdinger Straße besitzt mittelalterliche Wurzeln. Bevor auf dem Areal der Musikschule vor einigen Jahren ein Neubau errichtet worden ist, haben Archäologen dort nach historischen Spuren gesucht und solche auch gefunden. Mauerwerkbruchstücke und älteste Scherben weisen auf eine Zeit weit vor 1188 hin und legen die Vermutung einer kleinen Burg auf einer Motte nahe, einer künstlichen Aufschüttung. Wahrscheinlich war es nicht mehr als ein Turm auf einem Hügelchen, ringförmig umgeben von einem Wassergraben. Ein Nachfolgebau an derselben Stelle verfiel schon im Mittelalter.

Rittersitz an der Ortsgrenze

Im Spätmittelalter wurde das Haus Gastendonk errichtet, ein Rittersitz, der seit 1348 bekannt ist. Die Anlage befindet sich an der nordwestlichen Ortsgrenze von Orbroich nach Kempen. Im Torbau sind noch spätmittelalterliche Bereiche erhalten. Das Haupthaus wurde im 19. und 20. Jahrhundert gänzlich erneuert. Eine archäologische Untersuchung ergab, dass die Umwehrung im späten Mittelalter anscheinend aus einem Erdwall bestanden hat. Das Torhaus sowie Innenbauten bestanden wohl aus Backstein. Ansonsten lassen sich heute noch Bauspuren aus dem 16. und 17. Jahrhundert nachweisen – wie die an den beiden vorderen Ecken errichteten rechteckigen Flankentürmen mit Schießscharten. Bei archäologischen Untersuchungen wurden spätmittelalterliche Scherben gefunden.

Ältestes profanes Bauwerk Krefelds

Die Wasserburg Haus Rath an der Alten Rather Straße in Elfrath, deren Anfänge bis in das 12. Jahrhundert reichen, ging aus einer hochmittelalterlichen Motte hervor. Der heute trockene Graben weist eine Breite von gut 25 Metern auf. Der zentrale Steinturm stammt aus dem späteren 12. Jahrhundert. Bei diesem Bauwerk handelte es sich offenbar um die erste mittelalterliche Befestigung am Hohen Weg, der Wegetrasse westlich des Rheins. Auf Krefelder Stadtgebiet jedenfalls ist es das älteste profane Bauwerk, das bis heute erhalten ist. Das Gelände ist heute Privatbesitz und kann nur von außen betrachtet werden. Bei der Burg Linn in Krefeld handelt es sich um die einzige mittelalterliche Festung am Niederrhein, die Besucherinnen und Besucher in Gänze erkunden können. In dieser Hinsicht bildet sie schon eine Besonderheit. Über die Geschichte der Burg erfahren Besucher mehr im Museum Burg Linn, über Krefeld im Mittelalter findet man auch Informationen im Krefelder Jahrbuch „Die Heimat“, Jahrgang 94.

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