„Russland sieht sich längst im Krieg mit dem gesamten Westen“, sagte Kiesewetter der „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe). „Das heißt, auch Deutschland ist längst Kriegsziel, ob wir das wollen oder nicht.“
Kiesewetter verwies dabei auch auf Äußerungen des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, am Mittwochabend. „Der BND-Präsident hat mit seinen deutlichen Worten und der eindringlichen Warnung recht, dass Russland sich auf einen Krieg gegen die Nato vorbereitet“, sagte er.
Der CDU-Politiker nannte als Indizien unter anderem die Militarisierung Russlands und die Kriegswirtschaft sowie den Umstand, dass die von Russland besetzten ukrainischen Gebiete „quasi zu Militärbasen umfunktioniert“ würden. „Wir sehen die Zunahme und Intensität hybrider Angriffe, die eine Vorstufe dieses russischen Krieges sind“, fügte Kiesewetter hinzu.
„Solche Vorstufen des Krieges dienen nicht nur dem gezielten Austesten des Artikels 5 der Nato, sondern zur Vorbereitung und Begleitung eines konventionellen Angriffs.“ Artikel 5 des Nordatlantikvertrags regelt den sogenannten Bündnisfall: Demnach wird ein Angriff auf ein Nato-Mitglied als Angriff auf alle Nato-Staaten gewertet. Die Bündnispartner müssen dem angegriffenen Land Beistand leisten.
Angesichts aggressiver Handlungen von Russland, aber auch von China, Iran und Nordkorea sei es außerdem „angemessen, endlich Artikel-4-Konsultationen in der Nato zu erwägen“, sagte Kiesewetter weiter. Dieser Artikel lautet: „Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist.“
Kiesewetter regte zudem an, „zu überlegen, ab wann ein Spannungsfall oder Zustimmungsfall gemäß Grundgesetz angemessen ist, damit Sicherstellungs- und Vorsorgegesetze ausgelöst werden können, die insbesondere zur Erhöhung der Schutzmaßnahmen erforderlich sein können“. Der Spannungsfall ist im Grundgesetz eine Art Vorstufe zum Verteidigungsfall.
Der Spannungsfall ermöglicht besondere Schritte wie eine Reaktivierung der Wehrpflicht. Solchen Maßnahmen kann der Bundestag auch gesondert zustimmen – dies ist mit „Zustimmungsfall“ gemeint. Für alle drei Fälle ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig.
Des Weiteren forderte Kiesewetter einen deutlich höheren Verteidigungsetat. Es müsse jedem klar sein, dass es „mehr als dringend“ sei, mehr und planungssicher in Sicherheit und Verteidigung zu investieren. „Deshalb sind mittlerweile drei Prozent eher eine Untergrenze, immer mehr europäische Nato-Staaten investieren eher vier Prozent“ ihres Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung, sagte Kiesewetter der Zeitung.
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