Verdacht auf Geheimnisverrat: Offener Streit zwischen Strack-Zimmermann und SPD

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hat den Vorwurf eines zu sorglosen Umgangs mit der Geheimhaltung zurückgewiesen.

Der mutmaßliche Geheimnisverrat im Verteidigungsausschuss hat zu öffentlichem Streit zwischen der Ausschussvorsitzenden Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und der SPD geführt. Die FDP-Politikerin verwahrte sich am Dienstag gegen den Vorwurf der Sorglosigkeit im Umgang mit Geheimhaltung. Ihrem Ärger gab sie in einem Brief an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) Ausdruck. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warf Strack-Zimmermann seinerseits Fehlverhalten vor – ein Vorwurf, den die Liberale empört zurückwies.

Entfacht hatte sich der Streit an dem Umstand, dass an der fraglichen Sitzung des Verteidigungsausschusses, aus der geheime Informationen nach außen gelangt sein sollen, insgesamt 105 Menschen teilgenommen hatten. Die SPD-Leute Bas und Mützenich zeigten sich verwundert darüber, dass eine derart große Zahl an einer Sitzung teilnahm, in der geheime Informationen behandelt wurden – Bas sagte am Montag der „Welt“, sie könne sich darüber „nur wundern“.

In einem Brief an Bas wies Strack-Zimmermann die Kritik zurück. Sie habe die Äußerungen der Parlamentspräsidentin „mit Irritation zur Kenntnis genommen“, schrieb Strack-Zimmermann in dem Brief, der AFP vorliegt.

„Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass der an den Ausschusssitzungen teilnehmende Personenkreis nicht in meinem Belieben steht“, heißt es weiter in dem Brief Strack-Zimmermanns an die Bundestagspräsidentin. „Der Verteidigungsausschuss hat allein 38 ordentliche und 38 stellvertretende Mitglieder.“ Daneben nähmen Fraktionsmitarbeiter und Vertreter der Bundesregierung aus verschiedenen Ressorts an solchen Sitzungen teil.

Strack-Zimmermann betonte in dem Schreiben, sie habe „ein außerordentliches Interesse am Schutz der Sitzungsinhalte“ und schon zahlreiche Anzeigen wegen mutmaßlichen Geheimnisverrats erstattet. „Ich erachte es daher als unpassend, dass Sie mir mit Ihrem heutigen Schreiben das Gegenteil unterstellen.“

Nach Bekanntwerden von Strack-Zimmermanns Brief legte Mützenich mit Kritik nach. Er sei „irritiert“ davon, dass die FDP-Politikerin es als Ausschussvorsitzende nicht geschafft habe, „eine geheime Sitzung so geheim zu halten, wie es erforderlich gewesen wäre“, sagte Mützenich am Dienstag in Berlin.

Zudem wundere er sich, dass Strack-Zimmermanns Brief an Bas schon in Medienberichten erwähnt wurde, bevor er überhaupt bei der Adressatin eingetroffen ist. „Ich weiß nicht, wie die Postwege von Frau Strack-Zimmermann sind, aber vielleicht gibt sie uns ja in Zukunft Aufklärung“, sagte Mützenich.

Die Kritik des SPD-Fraktionschefs wollte Strack-Zimmermann, die auch FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl ist, nicht auf sich sitzen lassen. Sie reagierte umgehend mit einer Reihe verärgerter Botschaften im Onlinedienst X.

An Mützenich gerichtet schrieb sie: „Da Sie zu meinem großen Erstaunen öffentlich nicht nur mich, sondern insbesondere die Mitarbeitenden des Ausschusssekretariats beleidigen, biete ich Ihnen gerne Nachhilfe an in: ‚Wie lerne ich, die Geschäftsordnung eines Ausschusses richtig zu lesen.'“ Strack-Zimmermann warf Mützenich vor, dass er Gesprächsangebote mit ihr abgelehnt habe „und Beleidigungen in Pressekonferenzen“ präferiere.

Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) äußerte Kritik an den Umständen des mutmaßlichen Geheimnisverrats: „Ich wundere mich ohnehin, dass über 100 Teilnehmer an einer solchen Sitzung dabei sind“, sagte er im Deutschlandfunk. Es müsse nun im Parlament darüber gesprochen werden, „wie man in Zukunft solche Dinge vermeiden oder die Gefahr für so etwas reduzieren kann.“

In der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses zur möglichen Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine am vergangenen Montag hatte es möglicherweise einen Geheimnisverrat gegeben. Konkret geht es um technische Details zur Zieldatenplanung im geheimen Teil der Sitzung von Generalinspekteur Carsten Breuer.
© AFP

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