Spitzenkandidat Friedrich Merz (CDU) skizzierte am Samstag in Essen wesentliche Punkte des Wahlprogramms, das den Titel „Politikwechsel für Deutschland“ trägt. CSU-Chef Markus Söder betonte in München, Anstand, Fleiß und Pünktlichkeit müssten in Deutschland wieder mehr Bedeutung gewinnen.
Merz wurde bei der Landesvertreterversammlung der CDU Nordrhein-Westfalen mit 99,6 Prozent zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gewählt. Zuvor nannte er wesentliche Punkte des Wahlprogramms, das am Dienstag bei einer gemeinsamen Vorstandssitzung von CDU und CSU beschlossen werden soll. Es lag AFP in einer vorläufigen Fassung vor.
In seiner Rede nannte Merz zuerst die Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland: Er wolle „endlich“ die illegale und irreguläre Migration begrenzen, sagte er. Dabei wolle die Union mit anderen Ländern in der EU zusammenarbeiten. „Wir werden vorne sein bei der Begrenzung der Migration.“
Im vorläufigen Wahlprogramm heißt es, die Union wolle die illegale Migration stoppen und humanitäre Aufnahmen auf ein Maß beschränken, „das die Möglichkeiten Deutschlands nicht länger überfordert“. Im Kapitel zur Migrationspolitik räumt die Union ein, auch sie habe „in unserer Regierungszeit Fehler gemacht“. Sie habe aber daraus gelernt.
So will sie den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten aussetzen. Sachleistungen sollen „wo immer möglich“ Vorrang vor Geldleistungen haben. Für ausreisepflichtige Flüchtlinge sollen die Sozialleistungen am Grundsatz „Bett, Brot und Seife“ ausgerichtet werden. Die Zahl der Rückführungen soll erhöht werden; nach Afghanistan und Syrien „wollen wir regelmäßig abschieben“. Neu ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine sollen laut dem vorläufigen Wahlprogramm kein Bürgergeld erhalten, sondern wie andere Flüchtlinge auch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Merz kündigte einen grundlegenden Wechsel auch in der Wirtschaftspolitik an – denn eine wettbewerbsfähige Wirtschaft sei „die Voraussetzung für alles andere“. Den Unternehmen verspricht die Union im vorläufigen Wahlprogramm eine Unternehmensteuersenkung auf maximal 25 Prozent sowie die Beseitigung von „überflüssigem Papierkram“. Die Stromsteuer und die Netzentgelte sollen sinken.
Der CDU-Kanzlerkandidat will ein neues Digitalministerium „mit umfassenden Zuständigkeiten und Kompetenzen“ einrichten; die Digitalisierung soll demnach auch beim Abbau der Bürokratie helfen. In Absprache mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen solle die „überbordende Bürokratie“, die zu „60 bis 70 Prozent“ ihren Ursprung in Brüssel habe, „rückgebaut“ werden.
Privathaushalten verspricht die Union im vorläufigen Wahlprogramm, den Einkommensteuertarif schrittweise spürbar abzuflachen und ihn „regelmäßig“ an die Inflation anzupassen, um so die kalte Progression auszugleichen. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll Medienberichten zufolge nicht mehr ab 67.000 Euro, sondern ab 80.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen greifen.
Darüber hinaus solle der Solidaritätszuschlag komplett abgeschafft werden. Die Pendlerpauschale will die Union erhöhen; das ist der CSU laut Parteichef Söder besonders wichtig.
An der Schuldenbremse will die Union aber festhalten. „Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen“, heißt es im Programm. In den vergangenen Monaten war auch in der Union über mögliche Änderungen an der Schuldenbremse diskutiert worden.
„Spielräume“ für ihren Politikwechsel will die Union schaffen, indem „Ausgaben, die ihr Ziel verfehlen“, entfallen. CDU und CSU wollen alle Ausgaben hinterfragen, insbesondere die Subventionen. Die Zahl der Bundesbeauftragten will die Union halbieren; Ministerialverwaltung und Bundestagsverwaltung sollen „mit mindestens zehn Prozent weniger Personal“ auskommen.
An der bestehenden gesetzlichen Regelung zum Renteneintrittsalter will die Union festhalten. „Rentenkürzungen wird es mit uns nicht geben“, heißt es in dem Programm.
CSU-Chef Söder forderte bei der Listenaufstellung seiner Partei für die Bundestagswahl eine „geistige Wende“ in Deutschland. Wokeness – also Wachsamkeit für Diskriminierung – und Gendern würden das Land nicht voranbringen, sagte er. Nötig seien „wieder diese deutschen Tugenden“ wie Anstand, Fleiß und Pünktlichkeit. Es sei auch ein „Bekenntnis zur Heimat“ nötig. „Ein bisschen mehr Heimat, ein bisschen mehr Patriotismus, ein bisschen mehr Deutsch an manchen Stellen, das tut dem Land gut.“
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