In der Debatte des Bundestags über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern haben die Grünen den Kurs von Kanzler Olaf Scholz (SPD) scharf kritisiert. „Zur vollen Wahrheit gehört, auch Zögern und Zaudern kann am Ende zur Eskalation beitragen“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger (Grüne) am Donnerstag. Deshalb könne die Debatte über die Taurus-Lieferung durch Scholz nicht einfach für beendet erklärt werden.
Auch die Grünen wägten alle Risiken solcher Waffenlieferungen sorgfältig ab, sagte Brugger. „Und das lassen wir uns als Grüne von niemandem absprechen, auch nicht vom Bundeskanzler.“ Zudem zeige die Lieferung ähnlicher Marschflugkörper durch Frankreich und Großbritannien, dass dies nicht zu einer Eskalation geführt habe oder dazu, „dass sie auf Moskau abgefeuert werden“.
Der FDP-Abgeordnete Alexander Müller sagte, auch seine Fraktion halte die Lieferung von Taurus für nötig. „Gegen Wladimir Putin hilft nur klare Kante“, sagte er. „Alles andere sieht er nur als Unterwürfigkeit.“ Wie Brugger kündigte Müller aber an, auch seine Fraktion werde nicht für den Unionsantrag stimmen.
Die Unionsfraktion hat dieses Jahr bereits zwei Mal erfolglos Anträge eingebracht, die eine Taurus-Lieferung fordern. Über die Vorlage vom Donnerstag wird erneut namentlich abgestimmt, CDU/CSU hoffen dabei auch auf einzelne Abweichler aus der Koalition. Kanzler Scholz hatte seine Liefer-Ablehnung erst am Mittwoch im Bundestag erneut verteidigt und gesagt, er werde kein Waffensystem liefern, das die Beteiligung deutscher Soldaten in dem Konflikt nötig mache.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich verteidigte diesen Kurs und warf der Union vor, aus „niederen politischen Bewegründen“ eine „kleinteilige Debatte“ über ein einzelnes Waffensystem anzuheizen. Gleichzeitig griff er Koalitionsvertreter an, die den Kurs von Scholz kritisieren. Wenn der Kanzler mit Begriffen „wie Sicherheitsrisiko oder Unwahrheit belegt“ werde, sei dies „nicht nur unredlich“, sondern auch „bösartig“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. „Dies gehört nicht in eine parlamentarische Demokratie und schon gar nicht in eine Koalition“
Der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul dankte der Grünen-Vertreterin Brugger ausdrücklich für ihre Äußerungen. Sie habe im Wesentlichen das ausgedrückt, was auch CDU/CSU dächten. Wadephul forderte erneut eindringlich eine Taurus-Lieferung und verwies auf die sich verschlechternde militärische Lage der Ukraine. An Scholz und die SPD gerichtet sagte er: „Ihre vermeintliche Besonnenheit hat Herrn Putin immer nur wieder befeuert in seiner Aggression gegen die Ukraine.“
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