Streit um Wahl-Termin geht weiter: Scholz will reden – Union erst Vertrauensfrage

Im Streit um den Termin für Neuwahlen nach dem Ende der Ampel-Koalition hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) Gesprächsbereitschaft signalisiert.

„Über den Termin sollten wir möglichst unaufgeregt diskutieren“, sagte Scholz am Freitag. Unionsvertreter lehnten es aber weiter ab, vor einer Vertrauensfrage des Kanzlers über eine Zusammenarbeit bei von Scholz noch gewünschten Gesetzesvorhaben zu sprechen.

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition hatte Scholz angekündigt, er wolle die Vertrauensfrage erst am 15. Januar stellen, um Wahlen „spätestens bis Ende März“ möglich zu machen. Davor will er bis Weihnachten in einer rot-grünen Minderheitsregierung noch mehrere ihm wichtige Gesetzesvorhaben durch das Parlament bringen.

Die Opposition fordert hingegen eine Vertrauensfrage schon kommende Woche. Merz hatte Scholz aufgerufen, sie am kommenden Mittwoch zu stellen, wenn der Kanzler eine Regierungserklärung im Bundestag abgibt. Eine Regierungssprecherin sagte aber am Freitag, der Kanzler habe nicht vor, dies zu tun.

Bei einer Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel in Budapest wich Scholz dann der Frage aus, ob er am 15. Januar für die Vertrauensfrage festhalte. Eine Einigung der Fraktionen im Bundestag zu vor der Wahl noch nötigen Gesetzesvorhaben könne auch die Frage beantworten, „welcher Zeitpunkt dann der richtige ist“, sagte er. Der Wahltermin müsse aber auch „den Anforderungen der Bundeswahlleiterin genügen, um eine ausreichende Zeit für die Organisation einer fairen und demokratischen Wahl zu berücksichtigen.“

Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte vor „unabwägbaren Risiken auf allen Ebenen, insbesondere auf Gemeindeebene“, wenn der Wahltermin zu früh angesetzt werde, wie der „Spiegel“ und die „Rheinische Post“ unter Berufung auf einen Brief an Scholz berichteten. Dies gelte, wenn vorgesehene Fristen in die Zeit um Weihnachten und Neujahr fielen. Laut „Rheinischer Post“ wird in der Betreffzeile des Schreibens dabei auf Wahltermine im Januar beziehungsweise Februar verwiesen.

Merz begründete seinen Ruf nach einem frühen Wahltermin mit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump am 20. Januar. „Am 19. Januar könnte man in Deutschland Neuwahlen machen“, sagte er dem Magazin „stern“ und RTL. Dies wäre seine Empfehlung. Mit zweieinhalb Monaten sei auch genug Zeit für die Vorbereitung der Wahl.

Merz hat am Donnerstagabend klar gemacht, dass er erst nach der Vertrauensfrage bereit ist, mit Scholz über eine mögliche Unterstützung von Gesetzesvorhaben zu sprechen. „Vorher werden wir keine Gespräche über irgendein Thema mit der verbleibenden Restregierung führen“, sagte er in der ARD. Er warf Scholz vor, mit dem Hinauszögern von Wahlen zu versuchen, „die Ausgangsposition der SPD für die Bundestagswahl zu verbessern“.

Das Gesprächsangebot von Scholz stieß dann auch auf Ablehnung von Unions-Vertretern. „Es bleibt dabei: Zuerst muss der Bundeskanzler die Vertrauensfrage im Bundestag stellen“, sagte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). Zu Gesprächen über die Unterstützung etwaiger Gesetzesprojekte sei die Union erst nach der Vertrauensfrage bereit.

Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Scholz versucht die Reihenfolge zu verdrehen“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). „Auf so etwas lassen wir uns nicht ein.“

Eine klare Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ist laut Umfragen für schnelle Wahlen: Im ZDF-„Politbarometer“ wünschten sich 54 Prozent einen früheren Termin; 30 Prozent befürworten wie Scholz eine Neuwahl im März. Zu ähnlichen Befunden kommt der „Deutschlandtrend“ der ARD: 65 Prozent wollen, dass Scholz sofort die Vertrauensfrage im Bundestag stellt, um Neuwahlen zu ermöglichen. 33 Prozent unterstützen den Zeitplan des Kanzlers.

Die Parteien beginnen nun unter Hochdruck, sich auf den Bundestagswahlkampf vorzubereiten. Vize-Kanzler Robert Habeck erklärte am Freitag seine Bewerbung für die Spitzenkandidatur der Grünen und sagte in einem Video, er stehe auch als Kanzler bereit, wenn die Bevölkerung dies wolle. Über die Spitzenkandidatur der Grünen soll ein Bundesparteitag Mitte November in Wiesbaden entscheiden.
© AFP

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