SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich hat im Streit mit der FDP über eine mögliche Erhöhung des Kinderfreibetrags ein völlig neues Kindergeld ins Gespräch gebracht. „Damit zukünftig weitere Debatten über die ungleichen Leistungen für Kinder gar nicht mehr aufkommen, sollten wir den Kinderfreibetrag durch ein neues Kindergeld ersetzen“, sagte Mützenich der „Rheinischen Post“ vom Dienstag. Auch Sozialverbände kritisierten indes die Erhöhung des Kinderfreibetrags, ohne das Kindergeld anzuheben.
In den vergangenen Tagen hatte es koalitionsintern Streit um die staatliche Unterstützung von Familien mit Kindern gegeben. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plant, den steuerlichen Kinderfreibetrag anzuheben, nicht aber das Kindergeld. Damit würden nur Familien mit hohen Einkommen profitieren. SPD und Grüne kritisierten deshalb die Pläne bereits.
„Warum der Finanzminister wenige Tage nach der Entscheidung über den Haushalt 2024 mit einer Erhöhung des Kinderfreibetrags um die Ecke kommt, ist mir unbegreiflich“, sagte Mützenich. „In den vergangenen Wochen haben wir immer wieder hören müssen, dass für Arbeitnehmer, für die Absenkung des Strompreises oder für die Landwirte kein Geld da ist. Jeder, so der Finanzminister noch auf der Demonstration am vergangenen Montag, müsse einen Konsolidierungsbeitrag leisten“, ergänzte der SPD-Politiker. „Warum das nicht für die Spitzenverdiener gelten soll, entzieht sich meiner Fantasie.“
Regierungssprecher Steffen Hebestreit kündigte am Montag „regierungsinterne Gespräche“ in den „kommenden Wochen“ dazu an. Es werde geprüft, welche Auswirkungen unter anderem Lohnentwicklung und Inflation auf den Kinderfreibetrag hätten. „Dann muss man klären, ob weitere Anpassungen nötig sind“, sagte Hebestreit. Sollte dies notwendig sein, müsse besprochen werden, ob neben dem Freibetrag auch eine Anpassung des Kindergelds nötig sei.
Der Paritätische Gesamtverband nannte Lindners Vorhaben „zutiefst ungerecht“. „Mit seinen Plänen zum Kinderfreibetrag zementiert der Finanzminister die Ungleichbehandlung von Spitzenverdienern und Familien mit mittleren und niedrigen Einkommen“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Sozialverbands, Ulrich Schneider. Der Verband machte darauf aufmerksam, dass Spitzenverdiener durch die Erhöhung des Kinderfreibetrags um 377 Euro monatlich entlastet werden, während alle anderen lediglich 250 Euro Kindergeld erhalten. Schneider nannte dies „eine schreiende Ungerechtigkeit“.
Kritik an den Plänen des Finanzministeriums kam auch von der Diakonie. „Den Freibetrag für Kinder von sehr gut verdienenden Eltern anzuheben, nicht aber das Kindergeld, benachteiligt alle Familien mit kleinem und mittlerem Einkommen“, erklärte Diakonie-Vorständin Maria Loheide. Diese litten aber besonders unter den Preissteigerungen. Das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum gelte für alle Kinder, „nicht nur für Kinder reicher Eltern“.
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