Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat vor gesellschaftlichen Belastungen durch den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft gewarnt. „Wenn wir verhindern wollen, dass Teile unserer Gesellschaft weiter auseinanderdriften, wenn wir Menschen zurückgewinnen wollen, die sich von unserer Demokratie abgewandt haben, dann müssen wir die Frage der Gerechtigkeit noch mehr ins Zentrum klimaschutzpolitischer Debatten rücken“, sagte Steinmeier zur Eröffnung einer Gesprächsreihe am Donnerstag im Berliner Schloss Bellevue.
Steinmeier betonte, dass die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität viele Fragen aufwerfe. „Wie lassen sich einzelne Schritte in die postfossile Zukunft so ausgestalten, dass Kosten und Lasten, Chancen und Gewinne gerecht verteilt werden? Wie kann es gelingen, dass auch diejenigen, die befürchten, zu den Verlierern des Wandels zu gehören, etwas zu gewinnen haben? Wie werden wir zu einem klimaneutralen Land, in dem es gute Arbeit und Wohlstand für möglichst viele gibt?“ Diese Fragen müssten Politik und Gesellschaft jetzt beantworten.
Steinmeier sprach eine zunehmende Unzufriedenheit in Teilen der Bevölkerung an. „Viele Menschen haben das Vertrauen in die Institutionen und Repräsentanten der liberalen Demokratie verloren“, sagte Steinmeier, „entweder weil sie sich nicht gesehen, gehört und vertreten fühlen. Oder weil sie in ihrem Alltag erleben, dass vieles, von der Bahn bis zum Internet, nicht so funktioniert, wie es der Erwartung nach funktionieren sollte. Oder vielleicht, weil sie den Glauben an den Fortschritt verloren haben und sich um ihre Zukunft und die ihrer Kinder sorgen“.
Die „allermeisten Menschen“ in Deutschland stünden aber „fest zur Demokratie des Grundgesetzes“, sagte der Bundespräsident. „Die allermeisten wollen auch in Zukunft in einer freien und vielfältigen Gesellschaft zusammenleben“, so Steinmeier. „Uns verbindet in Deutschland mehr als uns trennt – trotz aller nicht zu leugnenden Konflikte, trotz der Lautstärke, mit der sie ausgetragen werden, trotz der Radikalisierung der Sprache.“
Steinmeier mahnte auch an, „nicht jeden Protest“ zu dramatisieren, „nur weil er gerade besonders viel mediale Aufmerksamkeit bekommt.“ Er warnte vor Pauschalurteilen, Feindbildern und moralischer Überheblichkeit. „Schließen wir nicht von einzelnen Merkmalen, die auf Unterschiede hinweisen, oder Meinungen auf geschlossene politische Weltbilder anderer Gruppen“, so Steinmeier.
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