Sozial-Moratorium für Wehrausgaben: Lindner sorgt mit Vorstoß für Kritik in ‚Ampel‘

Finanzminister Lindner hat mit seinem Vorstoß eines Sozialleistungs-Moratoriums zugunsten höherer Verteidigungsausgaben für Kritik bei Kabinettskollegen gesorgt.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat mit seinem Vorstoß eines Sozialleistungs-Moratoriums zugunsten höherer Verteidigungsausgaben für Kritik bei Kabinettskollegen gesorgt. „Ich warne davor, Dinge gegeneinander auszuspielen“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Montag dem Sender Welt. „Wir brauchen beides: äußere und innere soziale Sicherheit.“ Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schlug stattdessen eine Ausweitung des Sondervermögens Bundeswehr vor. Unterstützung bekam Lindner aus seiner Partei, während der DGB seine Äußerungen scharf zurückwies.

Arbeitsminister Heil betonte, dass eine Kürzung von Sozialleistungen alle Menschen treffen würde – auch die arbeitende Bevölkerung. Deutschland unterstütze die Ukraine „in vorbildhafter Art und Weise“, sagte Heil. „Aber man kann nicht äußere gegen soziale Sicherheit ausspielen, sonst würden wir zum Beispiel auch den Rückhalt verlieren für die äußere Sicherheit in diesem Land.“

Finanzminister Lindner hatte ein dreijähriges Moratorium für Sozialausgaben, Subventionen und andere Leistungen ins Gespräch gebracht. Hintergrund ist die Zusage der Bundesregierung an die Nato, ab diesem Jahr erstmals Verteidigungsausgaben in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erreichen. Die Äußerung stießt auf breite Kritik.

Das Bundesfinanzministerium verweist darauf, dass Lindners Äußerungen darauf zielten, keine neuen Leistungen mehr einzuführen. Es gehe nicht darum, dass bereits festgelegte oder vereinbarte Sozialausgaben eingefroren oder nicht mehr getätigt werden sollten, betonte ein Ministeriumssprecher am Montag.

Außenministerin Baerbock brachte zwei weitere Möglichkeiten in die Diskussion ein. Neben einer Ausweitung des Sondervermögens könnten auch Ausgaben für die Sicherheit von der Schuldenbremse ausgenommen werden, schlug Baerbock vor. „Soziale Sicherheit gegen Freiheitssicherung gegeneinander zu stellen, ich weiß nicht, ob das so der sinnvollste Weg ist“, sagte sie in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ vor.

Die Themen Frieden, Freiheit und Sicherheit dürften nicht zum Wahlkampfthema gemacht werden. Das Sondervermögen sei zwischen Regierung und Union gemeinsam beschlossen worden, betonte Baerbock. „Darüber müssen wir jetzt auch gemeinsam weiter beraten.“

Am Montag warnte nun auch die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, vor Kürzungen bei Sozialleistungen. Die Debatte um die Sozialausgaben müsse „vom Kopf auf die Füße“ gestellt werden, sagte Fahimi der „Bild“-Zeitung. „Die Sozialausgaben in Deutschland sind weder im internationalen noch im historischen Vergleich besonders hoch – und zuletzt auch keineswegs stark gewachsen“, sagte Fahimi.

Sie warnte „in Zeiten des Umbruchs weitere soziale Verwerfungen durch Einsparungsdebatten zu provozieren“. Stattdessen müsse  die Schuldenbremse zur Debatte gestellt werden. „Der Staat muss jetzt endlich in seine Infrastruktur und Daseinsvorsorge investieren, anstatt weiter von der Substanz zu leben und damit den Wohlstand von morgen zu riskieren“, sagte Fahimi.

Kritik an den Äußerungen Fahimis und Unterstützung für Lindner kam von Lindners FDP. „2024 steht die Schuldenbremse – ohne Wenn und Aber. Grundsätzlich müssen wir priorisieren, ob wir mehr Geld für die Verteidigung Deutschlands oder für den weiteren Ausbau des Sozialstaats ausgeben möchten“, sagte der FDP-Haushaltsexperte Christoph Meyer, der Nachrichtenagentur AFP am Montag.

„Ein Schlaraffenland, wo wir alles ohne Einschränkung finanzieren, ist unrealistisches Traumtänzertum“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion weiter. „Das ständige Fantasieren des DGB von Notlagen ist damit nicht mehr als ein unsachlicher Debattenbeitrag.“

Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hält die Diskussion um ein Einfrieren der Sozialausgaben für „verfehlt“. „Die Diskussion auf dieser Ebene zu führen, hilft auch der Ukraine nicht: Vielmehr ist zu erwarten, dass mit einer solchen Politik die Zustimmung in Deutschland für die Ukraine-Unterstützung schwindet“, erklärte Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung des Stiftung.
© AFP

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