“Deutschland sei total gespalten – das höre ich in diesen Tagen immer wieder”, sagte Scholz in einer am Dienstag veröffentlichten Videobotschaft. Diesem Eindruck wolle er widersprechen: “Die allermeisten von uns stehen in all den großen Fragen näher beieinander, als es manchmal scheint.”
“Uns eint viel mehr, als uns trennt”, sagte Scholz. “Ich will, dass das so bleibt.” Es gebe Themen, bei denen sich die große Mehrheit der Gesellschaft einig sei – etwa bei politisch vernünftigen Abwägungen in der Migrationspolitik, beim Klimaschutz und in der Unterstützung für die Ukraine, sagte Scholz.
Im öffentlichen Diskurs dringe dies aber vielfach nicht durch. “Oft hört man vor allem die Extreme”, kritisierte der Kanzler. “Aber es kommt nicht darauf an, wer am lautesten schreit. Die Mehrheit in der Mitte ist viel, viel größer. Die Vernünftigen, die Anständigen sind viel, viel mehr.”
In seiner Videobotschaft nannte Scholz eine Reihe von politischen Positionen, hinter denen sich seiner Einschätzung nach eine große Mehrheit der Menschen versammeln könne. So sei im Bereich Migration klar, dass die Wirtschaft auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen sei – “und zugleich erwarten die allermeisten zu Recht, dass wir uns aussuchen können, wer zu uns kommt”, sagte Scholz.
Des weiteren finde es “die ganz große Mehrheit im Land” richtig, dass Deutschland die angegriffenen Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen Russland unterstütze – zugleich aber nicht wolle, dass Deutschland Teil des Krieges wird. Deutschland setze sich dafür ein, dass alle diplomatischen Mitteln zur Beilegung des Konflikts genutzt würden – “dafür ist jetzt die Zeit”.
Auch beim Klimaschutz sieht der Kanzler bei vernünftiger Abwägung eine konsensfähige Position der Mitte: Die große Mehrheit wolle, “dass wir unsere Natur und das Klima schützen – aber eben ohne die Bürgerinnen und Bürger dadurch zu überfordern”.
“Diese Erwartungen der großen Mehrheit in unserem Land leiten meine Politik”. fügte Scholz hinzu. “Mir geht es um die vielen ganz normalen Leute, mit normalen Wünschen, die nicht nur laut meckern, sondern einfach machen.”
Im Internet entstehe oft der Eindruck: “Je extremer die Meinung, desto größer die Aufmerksamkeit”, kritisierte Scholz. Viel wichtiger sei aber die Erkenntnis: “So weit liegen wir in zentralen Fragen doch gar nicht auseinander.”
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