Nach heftigen Spannungen im deutsch-französischen Verhältnis wegen der Ukraine-Politik treffen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk am Freitag in Berlin zusammen. Die Bundesregierung kündigte das Treffen des Weimarer Dreiecks am Mittwoch in Berlin an, bei dem die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland im Mittelpunkt stehen soll. Zuvor sei ein bilaterales Gespräch zwischen Scholz und Macron geplant, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin.
Auch bei diesem Treffen werde es unter anderem um die Ukraine gehen – ein Thema, bei dem es „unterschiedliche Nuancen in einer Fachfrage“ gegeben habe, sagte Hebestreit. Er spielte damit vermutlich auf die Debatte um die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an, die Scholz nach wie vor ablehnt. Frankreich hatte auf einer Ukraine-Konferenz kürzlich eine Allianz für Mittel- und Langstreckenraketen für die Ukraine in Aussicht gestellt.
Scholz wies im Bundestag Vorwürfe zurück, dass es offene Konflikte zwischen Frankreich und Deutschland gebe. „Die Stärke der Zusammenarbeit kommt insbesondere daraus, dass wir das auch dann tun, wenn in einzelnen Fragen beide Länder unterschiedlicher Meinung sind“, sagte Scholz. Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich sei „sehr intensiv“ und „eng“, fügte er hinzu. Wichtig sei, dass aus den unterschiedlichen Positionen dann „etwas Gemeinsames als Vorschlag auch für die Zukunft Europas“ entwickelt werde.
Es gebe keinen anderen Staats- oder Regierungschefs, den Scholz so regelmäßig treffe wie Macron, betonte Hebestreit. Zentrales Thema des Dreiertreffens werde „die weitere Unterstützung der Ukraine in ihrer Selbstverteidigung gegen den russischen Angriffskrieg sein“, sagte er. Die drei Spitzenpolitiker wollten zu Beginn des Treffens am Nachmittag vor die Presse treten.
„Es gibt einen Sondergipfel des Weimarer Dreiecks“, hatte Tusk zuvor dem Sender TVP Info gesagt. Er erklärte seinerseits, Paris, Berlin und Warschau hätten „die Aufgabe und die Macht, ganz Europa zu mobilisieren“, um die Ukraine mit neuen Hilfen zu versorgen, betonte er. Polen ist einer der engsten Verbündeten der Ukraine im Krieg gegen Russland und hat seine europäischen Partner bereits mehrfach zu mehr Unterstützung für Kiew aufgefordert.
Zwischen Berlin und Paris hatte es zuletzt offen Meinungsverschiedenheiten bei der Ukraine-Politik gegeben. Macron und Scholz kritisierten sich mehrfach gegenseitig in der Öffentlichkeit – ohne sich beim Namen zu nennen, aber mit scharfen Worten. Frankreichs Präsident wirft dem Bundeskanzler seine Weigerung vor, Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern. Scholz hatte zuvor mehrfach mit Blick auf Frankreich betont, dass Deutschland innerhalb Europas den größten Teil der Militärhilfe für die Ukraine leiste und andere Länder deutlich weniger.
Der Streit zwischen Macron und Scholz war nach einer Ukraine-Konferenz Ende Februar hochgekocht. Damals hatte Macron indirekt den Deutschen vorgehalten, sie hätten anfangs nur „Schlafsäcke und Helme“ an die Ukraine liefern wollen. Zudem sagte Macron explizit, dass er eine Entsendung von westlichen Bodentruppen in die Ukraine nicht ausschließe.
Das sorgte für Aufregung bei vielen westlichen Verbündeten, die eine Verwicklung in den Krieg mit Russland vermeiden wollen. Scholz erteilte einer Entsendung westlicher Soldaten damals umgehend eine klare Absage – ebenso wie andere westliche Verbündete. Es werde „keine Soldaten auf ukrainischem Boden geben (…), die von europäischen Staaten oder von Nato-Staaten dorthin geschickt werden“, betonte der Kanzler.
Macron legte aber noch einmal nach und betonte, dass er seine Aussagen genau so mit Bedacht gewählt habe. Er rief die Verbündeten von Prag aus auch auf, „nicht feige“ zu sein. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) reagierte gereizt und sagte, es gebe „dringendere Probleme“ zu lösen etwa die Herstellung von Munition.
Tusk und Polens Präsident Andrzej Duda waren am Dienstag in Washington von US-Präsident Joe Biden empfangen worden, dessen Regierung neue Militärhilfen für die Ukraine in Höhe von 300 Millionen US-Dollar (rund 275 Millionen Euro) ankündigte.
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