„Dass mit der weiteren Rezession endlich mutige Entscheidungen getroffen werden müssen, sollte offensichtlich sein“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Samstag. „Ich erwarte in den kommenden Wochen Vorschläge, wie Regierung und Sozialpartner mehr für die Konjunktur, für Jobs und Infrastruktur tun können.“
Angesichts der schwierigen Lage gerade der energieintensiven Industrie „braucht es ein substanzielles Entlastungspaket“, befand Mützenich. „Auch das gehört für mich zum ‚Herbst der Entscheidungen‘, den Christian Lindner ja für sich ausgerufen hat.“
Die Bundesregierung hatte in dieser Woche ihre Wachstumsprognose deutlich nach unten korrigiert. Demnach wird sich das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr preisbereinigt um 0,2 Prozent verringern. Für 2025 wird ein Wachstum von 1,1 Prozent angenommen.
FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte nach dem enttäuschenden Abschneiden seiner Partei bei den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg einen „Herbst der Entscheidungen“ ausgerufen und die Verabschiedung mehrerer Regierungsprojekte vor Weihnachten verlangt. Er knüpfte daran den Fortbestand der Koalition.
Mützenich kritisierte dies. „Die FDP muss entscheiden, ob sie in dieser Koalition bleiben will“, sagte er der „NOZ“. „Herr Lindner ist ja schon einmal vor der Verantwortung davongelaufen, als er die Jamaika-Verhandlungen hat platzen lassen. Ich würde es ihm nicht noch einmal empfehlen.“ Verantwortung werde auch nicht dadurch übernommen, „indem man das Sparen zum Fetisch macht“, fügte Mützenich mit Blick aufs Lindners Festhalten an den Vorgaben der Schuldenbremse hinzu.
„Durch das sture Festhalten an der Schuldenbremse kann der Eindruck entstehen, wegen der militärischen, wirtschaftlichen und humanitären Unterstützung der Ukraine fehle Geld für die Arbeitnehmer und ihre Familien und die dringend notwendige Modernisierung unseres Landes“, warnte Mützenich. „Das wäre schlimm. Und deswegen müssen wir in den kommenden Wochen noch intensiv um eine Lösung ringen.“
Für das von ihm geforderte Entlastungspaket sei kein Ausrufen einer Haushaltsnotlage nötig, zeigte sich Mützenich überzeugt. „Wir können andere Wege finden, um den notwendigen finanziellen Spielraum zu schaffen.“
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil forderte zusätzliche Maßnahmen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stützen. „Wir müssen mehr Investitionen ermöglichen, die Energiepreise runter bekommen und dafür sorgen, dass Deutschland funktioniert“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Samstag. „Ich glaube, dass wir außerdem Kaufanreize für Elektro-Fahrzeuge brauchen.“
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