Merz warnt vor „Märtyrerrolle“ der AfD bei Parteiverbotsverfahren

CDU-Chef Friedrich Merz hat vor der Einleitung eines Parteiverbotsverfahren gegen die AfD gewarnt. Dieses werde Jahre dauern und die AfD nur "in ihrer Märtyrerrolle" bestärken.

CDU-Chef Friedrich Merz hat vor der Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD gewarnt. Dieses werde Jahre dauern und die AfD nur „in ihrer Märtyrerrolle“ bestärken, sagte Merz am Samstag zum Abschluss einer Klausurtagung des Bundesvorstands in Heidelberg. „Davon halte ich wenig.“ Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach sich dagegen für die Einleitung eines Verfahrens aus.

Er werbe aber dafür, „mit aller Konsequenz auch den politischen Meinungskampf gegen die AfD“ fortzusetzen und die inhaltliche Auseinandersetzung mit ihr zu suchen, sagte Merz nach der Klausurtagung. Er verwies dabei auch auf historische Erfahrungen mit Parteiverboten: So sei die KPD in den 1950er Jahren verboten worden. „Wenig später ist die DKP dann gegründet worden – teilweise von denselben Leuten.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther zeigte Verständnis für die Skepsis von Merz, plädierte aber für ein Verbotsverfahren. Die AfD werde „in drei Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuft“ und sei eine Gefahr, sagte er der „Welt am Sonntag“. In zwei dieser Länder habe sie bei den Landtagswahlen im Herbst gute Aussichten, stärkste Kraft zu werden. Hier müsse „eine wehrhafte Demokratie die Instrumente, die ihr zu ihrem eigenen Schutz zur Verfügung stehen, auch nutzen“, forderte Günther.

Der frühere Ostbeauftragte Marco Wanderwitz (CDU) forderte Merz und Kanzler Olaf Scholz (SPD) auf, ein AfD-Verbotsverfahren zu unterstützen. „Ich wünsche mir von beiden, dass sie die Dramatik der Lage und die Größe des Problems sehen und ein Verbotsverfahren unterstützen“, sagte er dem Magazin „Stern“. „Die AfD radikalisiert sich immer weiter.“ Damit seien die Chancen für einen Erfolg des Verbotsverfahrens besser denn je.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich jedoch zurückhaltend zu einem Verbotsverfahren. „Ich kann die Erfolgsaussichten nicht beurteilen – ein Verfahren würde vermutlich sehr lange dauern“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ vom Samstag. Er rate deshalb „dazu, dass wir uns auf das konzentrieren, was unmittelbar in diesem Jahr möglich und notwendig ist: Wir sollten die besseren Antworten geben, wir sollten demokratische Mehrheiten organisieren und diese stärken.“

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, warnte, ein Verbotsverfahren werde „der AfD nur in die Hände spielen“. Das Grundgesetz setze zudem für ein Parteiverbot hohe Hürden, sagte er dem „Tagesspiegel“. Dafür müssten die grundlegenden Prinzipien des Rechtsstaates und der Demokratie angegriffen werden, und zwar in einer aggressiv-kämpferischen Art, etwa in Form eines mehr oder weniger gewaltsamen Umsturzes. „Nach meinem Informationsstand halte ich einen Verbotsantrag derzeit für falsch“, sagte Papier.

Die Debatte um ein AfD-Verbot hatte diese Woche nach Berichten über ein Geheimtreffen mit Rechtsextremen neue Nahrung bekommen. Dabei soll es nach Recherchen des Netzwerks Correctiv um Pläne zur Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland gegangen sein.

Merz bekräftigte, es werde „sehr harte Konsequenzen“ haben, wenn an dem Treffen auch CDU-Politiker beteiligt gewesen seien. Die Partei werde es nicht dulden, „dass Mitglieder der CDU sich in irgendeiner Weise mit solchen Leute zusammentun und hier derartig widerwärtige politische Themen besprechen“.
© AFP

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