Vor Bekanntgabe der Frühjahrs-Steuerschätzung am Donnerstagnachmittag hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) seine Forderung nach einem rigorosen Sparkurs bekräftigt. „Wir haben in unserem Staat kein Einnahmeproblem – unser Problem betrifft die Ausgaben“, sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) erteilte weiteren Einschnitten bei der Entwicklungshilfe eine Absage.
„Wir finanzieren international enorm viele Projekte, obwohl die harte Sicherheit unseres Landes und die Ertüchtigung der Bundeswehr Priorität haben müssten“, kritisierte hingegen Lindner. Einsparungen forderte er auch bei den Sozialausgaben. „Wir haben einen Sozialstaat, der leider zu wenig Anreize gibt zu arbeiten und eher erleichtert, angebotene Arbeit abzulehnen“, sagte der Finanzminister.
Konkret pochte Lindner in den Funke-Zeitungen auf strengere Regeln beim Bürgergeld. „Es ist eine Gerechtigkeitsfrage, dass Leute, die arbeiten können, es auch tun“, sagte er. „Damit können wir den Arbeitskräftemangel bekämpfen und zugleich Milliarden Euro gewinnen.“ Bei der Vermittlung, der Zumutbarkeit von Jobs oder den Mitwirkungspflichten müsse die Arbeitsmarktpolitik „fordernder“ werden. „Arbeitskräftemangel und die Subventionierung von Arbeitslosigkeit passen nicht zusammen“, sagte er.
Lindner will am Nachmittag (15.00 Uhr) die Ergebnisse der Frühjahrs-Steuerschätzung vorstellen. Im Magazin „Politico“ machte er vorab deutlich, dass mit Mindereinnahmen zu rechnen sei. Dafür sei aber auch bereits Vorsorge getroffen worden. „Die Mindereinnahmen werden größer wirken, als die Wirkung auf den Haushalt tatsächlich wird“, sagte der Minister.
Der Arbeitskreis Steuerschätzungen hatte seit Dienstag seine Prognose für die Steuereinnahmen der Jahre 2024 bis 2028 erarbeitet. Die neuen Daten sind ein wichtiger Baustein für den Bundeshaushalt 2025. Über diesen wird angesichts knapper Mittel seit Monaten heftig in der Koalition gestritten. Mehrere Ressorts wehren sich gegen von Lindner geforderte Kürzungen.
Entwicklungsministerin Schulze wies am Mittwochabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ darauf hin, dass im Entwicklungsetat bereits „sehr stark gekürzt worden“ sei. Entwicklungszusammenarbeit sei aber auch aus sicherheitspolitischen Gründen wichtig. „Wir können uns aus dieser Verantwortung nicht zurückziehen, wenn uns die Sicherheit in Deutschland wichtig ist“, betonte die Ministerin. Kritik an Projekten wie dem Bau eines Radwegs in Peru wies sie zurück. Hier gehe es um Kredite für Klimaschutzvorhaben, die auch zurückgezahlt würden.
„Das Leben zukünftiger Generationen hängt auch in Deutschland von nachhaltigen Entwicklungspfaden weltweit ab“, betonte auch der Vorstandsvorsitzende des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Venro), Michael Herbst. „Am Ende dieses Kürzungsmarathons werden auf allen Seiten nur Verlierer:innen stehen“, wandte er sich gegen die Sparvorgaben Lindners.
Mehrbedarf hatte auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für eine auskömmliche Finanzierung der Bundeswehr angemeldet. Die Forderung von Pistorius nach einer Ausnahme von der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben wegen der bedrohlichen Sicherheitslage lehnte Lindner jedoch erneut strikt ab. „Wir können nicht über Jahrzehnte Schulden für die Bundeswehr machen, weil uns die Zinsen erdrücken würden“, sagte er den Funke-Zeitungen.
Mehrbedarfe im Vergleich zu den Vorgaben Lindners hatten neben Schulze und Pistorius auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) angemeldet. Bislang klafft in der Etatplanung für 2025 eine Lücke in zweistelliger Milliardenhöhe.
Dennoch plädierte Lindner in den Funke-Zeitungen auch für neue Steuersenkungen. „2021 haben wir mit dem Inflationsausgleichsgesetz dafür gesorgt, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entlastet wurden“, sagte er. „Bei der Lohn- und Einkommensteuer wird das 2025 und 2026 fortgesetzt werden.“
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