Die geplante Reform der Hausärzte-Vergütung soll nach den Worten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) keine Erhöhung der Kassenbeiträge zur Folge haben. „Das wird im Großen und Ganzen bei Beitragssatzstabilität funktionieren“, sagte er den ARD-„Tagesthemen“. Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge kritisierte, die Maßnahmen hätten „erhebliche finanzielle Folgen für die gesetzlichen Krankenkassen und womöglich auch für den Bundeshaushalt“. Der Ärzteverband Hartmannbund sieht gute Ansätze im hausärztlichen Bereich, bei Fachärzten griffen die Pläne aber „deutlich zu kurz“.
Lauterbach sagte, durch die Reform fallen Kosten in einem dreistelligen Millionenbereich an, die genaue Höhe werde derzeit berechnet. Es werde auf jeden Fall nicht in der Größenordnung von einer Milliarde Euro sein. „Die Umstellung muss kommen“, betonte der Gesundheitsminister am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“. „Wir werden, wenn es so weitergeht, viel zu wenige Hausärzte haben.“ Die Kosten seien nicht das Problem, sondern der Mangel an Hausärzten.
Lauterbach verspricht sich von der Reform eine „neue Art der Medizin“ durch Telemedizin, Digitalisierung und Entbürokratisierung. Dadurch werde sich der gesamte Praxisalltag verbessern. Die Erleichterungen und Verbesserungen für Hausärzte und Patienten würden zeitnah spürbar sein. „Schon in diesem Jahr wird das beginnen“, sagte Lauterbach. Er verwies darauf, dass noch im Januar das Gesetz der Öffentlichkeit vorgestellt werden solle. Vorgesehen ist demnach, zunächst die Honorierung der Hausärzte komplett umzustellen.
Durch die Reform müssten viele Patientinnen und Patienten nicht mehr in die Praxen kommen, sondern könnten vieles telefonisch erledigen, etwa Krankschreibungen oder Verlängerungen einer Verschreibung. „Wichtig ist, dass die Praxen aber dann trotzdem ihr Geld bekommen“, sagte Lauterbach. Das soll durch eine Art Jahrespauschale sichergestellt werden.
Die Hausärzte hatten im vergangenen Jahr auch mit Praxisschließungen gegen die bisherige Vergütungsmethode protestiert. Denn Honorarobergrenzen führen bisher dazu, dass Ärzte, die noch vor Quartalsende ihr Behandlungsbudget ausgeschöpft haben, für weitere Patienten nicht mehr bezahlt werden. Lauterbach plant nun wie vorher schon bei Kinder- und Jugendärzten bei den Honoraren die „Entbudgetierung aller Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung“.
Von den gleichzeitig vorgesehenen Vorhaltepauschalen sollen Praxen profitieren, die eine Mindestzahl von Versicherten in Behandlungen haben und Hausbesuche anbieten. Auf den Weg bringen will dies Lauterbach noch in diesem Monat über das sogenannte Versorgungsstärkungsgesetz I.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Sorge, sagte den RND-Zeitungen zu dem Ärztegipfel am Dienstag, es habe sich lediglich um einen „Gipfel der Ankündigungen und Durchhalteparolen“ gehandelt. „Für zehntausende Arztpraxen in Deutschland bleibt außer vagen Versprechungen wenig Handfestes“, kritisierte der CDU-Politiker. Zudem blende Lauterbach die Fachärzte in seinem Maßnahmenkatalog weitgehend aus. „Er beschränkt sich mit einem gefährlichen Tunnelblick nahezu komplett auf die Hausärzte“, so der Vorwurf Sorges.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Armin Grau erklärte dagegen, die Reformen in der hausärztlichen Versorgung würden „spürbare Entlastungen für Hausärztinnen und Hausärzte und damit auch Verbesserungen für Patientinnen und Patienten“ bringen. „Die Ampel hat neben den Krankenhäusern auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Blick“, so Grau.
Der Vorsitzende des Hartmannbunds, Klaus Reinhardt, erklärte: „Das Paket enthält für die hausärztliche Versorgung zielführende und perspektivisch ausbaubare Maßnahmen.“ Es müssten aber auch für den Fachärztebereich zwingend ähnliche Maßnahmen wie für die Hausärzte eingeführt werden.
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