SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat sich in der aktuellen Wehrpflicht-Debatte gegen jegliche Pflichtdienste gewandt. „Ich bin dafür, dass die Bundeswehr ein attraktiverer Arbeitgeber wird, um auf dem Arbeitnehmermarkt konkurrenzfähig zu sein“, sagte er der „Rheinischen Post“ vom Montag. „Pflichtdienste für Erwachsene halte ich nicht nur verfassungsrechtlich für sehr fragwürdig.“ In der SPD sehe er nicht, dass es für solche Modelle Zustimmung gebe.
Zuletzt hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gesagt, dass sein Ressort eine Musterungspflicht nach schwedischem Modell prüfe. In Schweden würden „alle jungen Frauen und Männer gemustert und nur ein ausgewählter Teil von ihnen leistet am Ende den Grundwehrdienst“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Ob so etwas auch in Deutschland denkbar wäre, sei Teil seiner Überlegungen. „Ich prüfe alle Optionen“, ergänzte Pistorius. Am Ende brauche natürlich jedes Modell „auch politische Mehrheiten“.
Die Abschaffung der Wehrpflicht in Deutschland sei rückblickend ein Fehler gewesen, so Pistorius. Sie jetzt einfach wieder einzuführen, sei aber „strukturell, verfassungsrechtlich und politisch schwierig“.
Die Wiedereinführung einer Wehr- oder Dienstpflicht sei keine Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums, stellte am Montag ein Sprecher des Ministeriums in Berlin klar. Sie könne nur Ergebnis einer gesamtgesellschaftlichen Debatte und eines entsprechenden Konsenses sein. Dem Sprecher zufolge gibt es deshalb auch noch keine Planungen des Ministeriums dazu.
Pistorius habe zudem stets deutlich gemacht, dass eine Einführung aktuell nicht zu Frage stehe, ergänzte der Vertreter des Verteidigungsressorts. Der Minister habe nur vorgeschlagen, sich in der Welt umzuschauen, wo es eine Wehrpflicht gebe und welche Modelle existierten.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr kritisierte Pistorius für seine Wehrpflicht-Äußerungen scharf. „Die Wehrpflicht ist Geschichte“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die Wiedereinführung einer Dienstpflicht wäre ein schwerer Eingriff in die Freiheit junger Menschen, die sich beruflich orientieren wollen.“ Die Bundeswehr sei im Übrigen darauf auch gar nicht mehr ausgelegt.
„Jetzt geht es darum, die Truppe konkret zu stärken“, ergänzte Dürr. Anstatt über eine Dienstpflicht zu diskutieren, müsse die Bundeswehr selbst attraktiver werden. Der Fraktionschef forderte eine zügige Verbesserung ihrer Ausstattung sowie mehr Stellen für Reservisten.
Zu mehr Geld für die Bundeswehr in Form einer konstanten Steigerung der Wehrausgaben bekannte sich auch SPD-Generalsekretär Kühnert. „Die politische Zusicherung gilt, dass von nun an zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung in unsere Verteidigung fließen muss“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Die Realität ist nun mal so, dass wir in Zukunft höhere Kosten für unsere Sicherheit werden stemmen müssen.“ Das sei „Folge der globalen Entwicklungen“.
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