Zur Begründung verwies der Bundestags-Vizepräsident am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur AFP auf die bilateralen Beratungen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit CDU-Chef Friedrich Merz am Vortag über die Migrationspolitik – ein solch eigenständiges Vorgehen außerhalb der Koalition nehme auch die FDP für sich in Anspruch.
„Ich empfinde es als löblich, dass der Kanzler allein mit der Tatsache, dass er eigenständig Verhandlungen mit Friedrich Merz zur Migrationspolitik aufgenommen hat, selbst eine klare Priorisierung vorgenommen hat, die lautet: Lösungen sind wichtiger als die zwingende Betrachtung von Koalitionslinien“, sagte Kubicki zu AFP. „Logisch fortgesetzt würde dies natürlich auch bedeuten, dass nicht nur die SPD, sondern selbstverständlich auch die FDP mit der Union über greifbare Lösungsansätze in der Migrations- und Integrationspolitik sprechen kann.“
Die FDP habe „eine Reihe von eigenen Ideen, denen sich auch die Union anschließen könnte“, sagte Kubicki weiter. „Wenn wir überparteilich miteinander sprechen und eine demokratische Mehrheit im Bundestag hinbekommen, dann sollten wir diese Möglichkeit nutzen.“
Die Ampel-Parteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, bei Abstimmungen im Bundestag „einheitlich“ abzustimmen – also nicht mit wechselnden Mehrheiten. Diese so genannte Koalitionsdisziplin war auch bei früheren Regierungsbündnissen auf Bundesebene üblich.
Auch der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer setzt auf eine Zusammenarbeit mit der Union. „Bei der letzten Verschärfung der Asylpolitik und der Neugestaltung der europäischen Migrationspolitik war mit SPD und Grünen leider nicht mehr zu machen“, sagte Meyer zu AFP. „Für Problemlösungen in der Sache ist die FDP bereit, in der Koalition zusammen mit der Union und den Ländern zu beraten.“
Wichtig sei „eine breite Mehrheit im Bundestag und Bundesrat, damit die Änderungen bei der Asyl- und Migrationspolitik schnell umgesetzt werden und niemand blockiert“; sagte der Fraktionsvize weiter. Die FDP habe sich in der Koalition „immer für eine härtere Asylpolitik und gegen illegale Migration eingesetzt“.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Unionsfraktionschef und CDU-Vorsitzenden Merz am Dienstagmorgen im Kanzleramt empfangen. Merz bot dabei eine Zusammenarbeit bei der Verschärfung der Migrationspolitik. Der CDU-Chef erklärte, er wolle bereits in der nächsten Sitzungswoche des Bundestags ab dem 9. September fraktionsübergreifend Gesetzesänderungen auf den Weg bringen. Er setze dabei auf ein gemeinsames Vorgehen „mit den Teilen der Koalition, die guten Willens sind“.
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