Das Vorhaben „verschärft bestehende Probleme“ und führe nicht dazu, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Rund um das Gesetz steht außerdem der nächste Streit der Ampel-Koalition ins Haus.
Wichtiger Bestandteil der Reform des Baugesetzbuches aus dem Haus von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) ist der Paragraf 246e, der sogenannte Bau-Turbo. Er soll weitreichende Abweichungen von bestehenden Vorschriften ermöglichen, um den Wohnungsbau in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zu erleichtern. Das Bündnis, zu dem etwa Mieterbund, Deutscher Gewerkschaftsbund, Paritätischer Gesamtverband sowie Umwelthilfe und Naturschutzring gehören, kritisiert die Regelungen als kontraproduktiv.
Weder seien klare Vorgaben zum Bau von Mietwohnungen oder zur sozialen Wohnraumförderung enthalten, noch würden Mietpreisbindungen oder Schutzmechanismen für Mieterinnen und Mieter gestärkt, erklärten die Organisationen gemeinsam. „Stattdessen wird es einfacher, bestehende Regelungen für Milieuschutz zum Schutz vor Mietpreissteigerungen zu umgehen.“ Dies begünstige Verdrängungsprozesse in ohnehin angespannten Wohnungsmärkten und treibe die Mieten weiter in die Höhe.
Der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, sagte AFP, die Kritik sei zwar auf den ersten Blick verständlich – aber ohne „wirkliche Substanz“. Eine Kommune könne weiterhin festlegen, ob und in welchem Umfang in einem Gebiet mit angespannter Wohnungslage sozialer Wohnungsbau entsteht und ebenso auch städtebauliche Verträge abschließen. „Das alles wird nicht eingeschränkt. Entschieden wird in den Kommunen vor Ort.“
Das Bündnis kritisierte außerdem, dass der Paragraf 246e „nachträglich und intransparent“ in den Kabinettsbeschluss eingeführt worden sei, ohne dass er im Referentenentwurf enthalten gewesen sei. Das sei „äußerst bedenklich und erschwert die Nachvollziehbarkeit dieser Entscheidung“. Der Bau-Turbo für sich sollte schon im Herbst 2023 verabschiedet werden – dies scheiterte damals am Widerstand der Grünen.
Die Partei fordert vor allem mehr soziale Aspekte und Schutz vor steigenden Mieten – und ist vor diesem Hintergrund offenbar bereit, das Gesetz erneut zu blockieren. Bei der ersten Lesung des Baugesetzbuches im Bundestag am Donnerstag kündigte die baupolitische Sprecherin der Grünen, Christina-Johanne Schröder, an, ihre Fraktion werde nicht zustimmen, „bis die Mietrechtsreform kommt, wie wir sie im Koalitionsvertrag vereinbart haben“.
Den umstrittenen Paragraf 246e bezeichnete die Grüne als „Spekulationsturbo“, der „Mieten teurer und Eigentum unerschwinglich“ mache. Der FDP-Abgeordnete Daniel Föst warf ihr daraufhin vor, am Thema vorbei zu reden und „Falschbehauptungen“ zu verbreiten.
Die Ampel-Regierung hatte im Koalitionsvertrag Ende 2021 die Verlängerung der Mietpreisbremse vereinbart. Diese schreibt vor, dass bei Neuvergaben von Wohnungen der Preis nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen darf. Sie läuft ohne Verlängerung in den ersten Städten mit Wohnungsnot bereits 2025 aus. Die Koalition hatte sich im April im Grundsatz auf eine Verlängerung bis 2029 geeinigt.
SPD-Politiker Daldrup sagte dazu, die Mietpreisbremse sei „im Kabinett geeint“. Es sei „unsere feste Absicht“, dass sie zum 1. Januar in Kraft trete. Er kritisierte hingegen: „Leider erleben wir immer wieder die Verknüpfung von Vorhaben miteinander, die so nicht zusammenhängen. Schon auf Grund unterschiedlicher Zuständigkeiten.“ Die SPD wolle beide Aufgaben lösen: mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, mehr bezahlbaren Wohnraum sichern.
© AFP