Im Koalitionsstreit um den Haushalt für das kommende Jahr hält Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine von drei Optionen zur Verringerung der Finanzlücke für machbar. Für ihn sei „gut vorstellbar, dass wir Zuschüsse an die Deutsche Bahn in Höhe von 3,6 Milliarden Euro in Eigenkapital oder Darlehen umwandeln“, sagte Lindner der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Donnerstagausgaben). Skeptisch zeigte er sich hingegen zu einem ähnlichen Modell zur Autobahn GmbH, das Kanzler Olaf Scholz (SPD) für nutzbar hält.
Im Haushaltsentwurf für 2025 klafft insgesamt ein Loch von 17 Milliarden Euro – deklariert als sogenannte globale Minderausgabe, die nach bisherigem Stand in der laufenden Haushaltsführung eingespart werden müsste. In der Ampel-Koalition wird aber angestrebt, diese Lücke auf neun Milliarden Euro zu verringern. Bei Umsetzung der Lösung zu den Bahn-Milliarden blieben noch gut fünf Milliarden Euro. Lindner bekräftigte nun in dem Interview, dass er in dieser Größenordnung noch „Handlungsbedarf“ sieht.
Zur Verringerung der Haushaltslücke war neben den Optionen zu Bahn und Autobahn GmbH auch die Verwendung nicht genutzter Mittel bei der staatlichen Förderbank KfW für die Gaspreisbremse diskutiert worden. Laut einem vom Finanzministerium in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten wäre die Nutzung der KfW-Mittel aber anders als die beiden ersten Lösungen nicht rechtlich vertretbar. Der Wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums bewertete allerdings alle drei Maßnahmen kritisch.
„Die Verwendung von nicht genutzten Mitteln bei der KfW ist verfassungswidrig, weil es sich um Notlagenkredite gehandelt hat. Das wird nicht weiterverfolgt“, erläuterte Lindner. „Bei den beiden anderen Prüfaufträgen, Darlehen an Deutsche Bahn und Autobahn GmbH zu geben, hängt ihre Verfassungsmäßigkeit von der Ausgestaltung ab.“ Es dürfe keinen versteckten Zuschuss geben.
Bei der Autobahn GmbH sei ein ganz neues Finanzmodell notwendig, da sie keine Einnahmen zur Rückzahlung habe, betonte Lindner. „Hier besteht Skepsis.“ Im Gegensatz dazu verfüge die Bahn zwar über Einnahmen, allerdings stelle sich dort bei einem Darlehen die Frage der Wirtschaftlichkeit. „Deswegen habe ich die Frage aufgeworfen, ob man der Bahn nicht besser zusätzliches Eigenkapital zur Verfügung stellt – denn das müsse sie nicht zurückzahlen.“
Lindner hat SPD und Grüne verärgert, weil sein Ministerium vergangene Woche Ergebnisse und Interpretationen der Gutachten veröffentlicht hatte, ohne vorher die Koalitionspartner zu konsultieren. Kanzler Scholz hatte am Dienstag klargestellt, dass er sowohl bei den Lösungen zur Bahn als auch zur Autobahngesellschaft keine Probleme sieht.
Nach Angaben einer Regierungssprecherin vom Mittwoch laufen nun „intensive Gespräche“, um eine Lösung für den Haushaltsentwurf zu finden. Er soll nach ursprünglichen Plänen am 16. August an den Bundestag gehen. Lindner sagte nun, es gebe „in jedem Fall noch Klärungs- und Entscheidungsbedarf, bis der Bundestag den Haushalt Ende November planmäßig beschließt“.
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